Anordnungen
Schwachheit infolge Ungehorsams
Als der Herr Israel in das Gute Land führte, setzte Er keinen König ein, sondern herrschte selbst unmittelbar als König über Sein Volk. Als die Israeliten aufgrund ihres Ungehorsams und ihres Götzendienstes in Bedrängnis kamen, verwarfen sie den Herrn als ihren König. Ihren bösen Herzen folgend begehrten sie einen menschlichen König über sich zu setzen (1. Sam 12, 12). Das Urteil des Herrn diesbezüglich ist deutlich: Mich haben sie verworfen, dass ich nicht König über sie sein soll
1. Sam 8, 7. Aber auch unter Saul fand das Volk keine Ruhe; durch seinen eigenen Ungehorsam führte er das Gericht Gottes über sich – der Herr verwarf ihn (1. Sam 13, 14). Wie hätte denn auch eine menschliche Ordnung, mit welcher die Ordnung Gottes ungültig gemacht wurde, zum Segen gereichen können? Der Kirche Gottes ist es im Übrigen nicht anders ergangen: Obwohl der Herr bestimmt hat, dass alle Gläubigen Priester und Könige seien (1. Petr 2, 5; Offb 1, 6), dass niemand einen Menschen «Vater» nennen soll – weil nur Gott unser Vater ist – (Mt 23, 9), hat sich bald eine Hierarchie innerhalb der Kirche durchgesetzt, die auch heute noch besteht. In welcher Gemeinde herrscht heute nicht ein König, d. h. ein Pfarrer oder Pastor? Es gibt nur wenige. Auch wir haben den Herrn als unseren König verworfen – und das ist uns gewiss nicht zum Segen geworden! Israel unter dem unterdessen verworfenen Saul liefert denn auch ein treffendes Bild vom Zustand der Kirche Gottes in der heutigen Zeit.
Um nun auf den eigentlichen Kern dieses Artikels zu kommen, will ich nur auf einige wenige Charakteristika eingehen: Die Philister lebten in Israel, und es war ihnen sogar möglich, die Israeliten zu bedrücken. Das bedeutet zweierlei: Das, was sich heute als Christenheit bezeichnet, ist ein buntes Gemisch von Christen und solchen, die sich lediglich so nennen, es aber nicht sind; mitten unter uns sind Ungläubige, und es ist vielerorts so, dass es sogar jene sind, die den andern ihren Willen aufzwingen. Andererseits leben aber auch viele einzelne Christen in ständiger Niederlage; sie können das «Gute Land» nicht einnehmen, bestehen nicht in den Kämpfen gegen die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern
Eph 6, 12. Rundum herrscht also geistliche Niederlage. Israel hatte den Kampf aufgegeben:
2 Und Saul sass am Ende von Gibea, unter dem Granatbaum, der in Migron ist; und das Volk, das bei ihm war, war etwa 600 Mann. 3 (Und Ahija, der Sohn Ahitubs, des Bruders Ikabods, des Sohnes Pinehas', des Sohnes Elis, des Priesters des Herrn in Silo, trug das Ephod.) Und das Volk wusste nicht, dass Jonathan weggegangen war. 1. Sam 14, 2. 3
Das Volk hatte sich mit seiner Niederlage arrangiert; selbstzufrieden lagerten die Israeliten in Migron, während der Herr an anderen Orten, durch einen Einzelnen (Jonathan), wirkte. Auch in der Christenheit herrscht heute diese Situation vor: Die grosse Masse hat den Kampf gegen die geistlichen Mächte längst aufgegeben und sich selbstzufrieden zurückgelehnt. Eine Vielzahl der Christen spricht: Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts
Offb 3, 17, wiewohl sie geistlich arm und blind und nackt
Offb 3, 17 sind. Geistliche Siege werden nur noch von Einzelnen, von einigen wenigen errungen. Die grosse Masse bekommt davon nichts mit; sie weiss nicht einmal, dass Jonathan weggegangen
ist, um einen Sieg zu erringen.
Sieg durch einen Einzelnen
Ungeachtet des Zustandes Israels schenkte der Herr also durch Jonathan einen Sieg über die Philister: Jonathan gelang es gemeinsam mit seinem Waffenträger, einen Vorposten der Philister, etwa zwanzig Mann, zu schlagen, woraufhin ein Schrecken entstand im Lager, auf dem Feld und unter dem ganzen Volk; die Aufstellung und der Vernichtungszug, auch sie erschraken; und das Land erbebte, und es wurde zu einem Schrecken Gottes
1. Sam 14, 15. Durch die Tat Jonathans waren die Philister, die inneren Feinde Israels, also dahingegeben; die Israeliten hätten sie nur noch schlagen müssen, um den Sieg vollständig zu machen. Der Schrecken Gottes, der das Lager der Philister ergriffen hatte, blieb denn auch von den Israeliten nicht unbemerkt. Nachdem Saul festgestellt hatte, dass sein Sohn Jonathan fehlte, und dass das Getümmel immer mehr zunahm, mochte er nicht einmal mehr warten, bis die Lade Gottes im Lager angekommen war. Er rief Israel zum Kampf.
Eine neue Anordnung
24 Die Männer von Israel waren aber sehr angestrengt an jenem Tag; und Saul beschwor das Volk und sprach: Verflucht sei der Mann, der Speise essen wird bis zum Abend und bis ich mich an meinen Feinden gerächt habe! Und das ganze Volk kostete keine Speise. 25 Und das ganze Volk kam in den Wald, und Honig war auf der Fläche des Feldes. 26 Und als das Volk in den Wald kam – siehe da: ein Strom von Honig; aber niemand brachte seine Hand zu seinem Mund, denn das Volk fürchtete den Schwur. 1. Sam 14, 24–26
Saul, der König nach dem Herzen des Volkes, nicht nach dem Herzen Gottes, der vom Herrn Verworfene, spricht, nachdem er die Lade Gottes und den Priester gering erachtet hat, einen Schwur. Israel soll auf jegliche Speise verzichten. So fügte Saul den Anordnungen Gottes, welche Israel verpflichteten, eine eigene Anordnung hinzu. Dies, um sich an seinen Feinden rächen zu können – nicht, um die Ehre des Herrn zu suchen! Ungeachtet dieser egoistischen Motivation erkennen wir am weiteren Verlauf der Geschichte, wie sehr sich menschliche Anordnungen von den göttlichen unterscheiden.
Nichts vom Wort wegnehmen
Zunächst müssen wir uns aber in Erinnerung rufen, dass uns der Herr nicht ohne Anordnungen hier zurück gelassen hat. Wir stehen zwar nicht unter Gesetz, wie Israel unter Gesetz stand, sondern unter Gnade. Das bedeutet nun aber nicht, dass wir uns gleichsam in einem luftleeren Raum befinden, in dem wir frei nach Gutdünken umherschwirren könnten. Nein, der Apostel schreibt, gleich nachdem er die Christen in Galatien ermahnt hat, sich nicht unter das Gesetz zu begeben: 13 Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Brüder; nur gebraucht nicht die Freiheit zu einem Anlass für das Fleisch, sondern durch die Liebe dient einander
Gal 5, 13. Durch die Liebe? Ja, durch die Liebe zum Herrn Jesus! Denn, 21 wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden; und ich werde ihn lieben und mich selbst ihm offenbaren
Joh 14, 21. Der Herr hat uns Gebote gegeben, und die Liebe zu Ihm, die eine Antwort Seiner unendlichen Liebe zu uns ist, wird danach trachten, Seine Gebote zu halten. Denn dies ist die Liebe Gottes, dass wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer
. Wir stellen uns nicht unter Gesetz, wenn wir Seine Gebote halten, sondern wir verhalten uns vielmehr Seiner Gnade angemessen. Seine Anordnungen sind denn auch nicht dazu gegeben, uns zu erproben – Er weiss, was in den Herzen der Menschen ist, und es ist kein Raum für eine weitere Erprobung, nachdem die Menschen das Mass der Sünden voll gemacht haben, indem sie Ihn kreuzigten. Nein, Seine Anordnungen sind für uns gegeben, damit wir uns zurecht finden und den besten Weg gehen können, den Er für uns vorgesehen hat. Seine Anordnungen sind wie frischer Honig auf den Feldern, wie ein Strom von Honig im Wald – süss, uns das Leben erleichternd, uns stärkend für den Kampf, uns munter machend. Achten wir nur auf Jonathan, der im Glauben stand und das annahm, was ihm die gütige Hand Gottes darreichte: Er streckte das Ende seines Stabes aus, der in seiner Hand war, und tauchte ihn in den Honigseim und brachte seine Hand wieder zu seinem Mund, und seine Augen wurden hell
1. Sam 14, 27. Jonathan hatte seine Seele an dem gelabt, was der Herr ihm auf seinem Weg bereit stellte; er musste die Hetzjagd nach den Philistern nicht einmal unterbrechen, sondern konnte einfach den Stab in den bereit liegenden Honig tunken. Und wie gut tat ihm der Honig! Seine Augen wurden hell, munter, und er konnte den Kampf in neuer Kraft fortsetzen. Gesegnete Fürsorge des Herrn! Möchten wir doch beachten, was es bedeutet: Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht
Mt 4, 4. Seine Anordnungen nicht zu halten, bedeutet nicht nur, Seine Gnade gering zu achten, sondern auch, sich um Seinen Segen zu bringen. Israel kostete nicht vom Honig, es ermattete (1. Sam 14, 28) und es vermochte keinen vollständigen Sieg über die Philister zu erringen (1. Sam 14, 30). So wird es auch uns ergehen, wenn wir uns über Seine Anordnungen hinwegsetzen: Wir werden gewiss nicht die Kraft finden, im Kampf auszuharren und den Sieg davonzutragen. Wir werden ermatten und unsere Feinde, den Teufel, die Welt und das Fleisch, nie so bekämpfen können, wie wir es nach Seiner Gnade könnten. Doch damit nicht genug; Er hat Seine Liebe ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist
Röm 5, 5, und halten wir nicht Seine Gebote, so leben wir nicht gemäss dieser Liebe. Niemand von uns kann eine Entschuldigung dafür haben, Seine Worte nicht zu halten, denn Er hat uns alles gegeben, was wir hierfür benötigen, und wir sind es Ihm schuldig. Liebst du den Herrn? Vertraust du Ihm völlig? Dann wird es für dich keine Alternative zum Halten eines jeden Wortes aus Seinem Mund geben. Du wirst nicht nach Entschuldigungen und abwegigen Auslegungen suchen, um Ihm nicht zu gehorchen, sondern du wirst Ihm gehorchen, und das wird deine Speise sein. Wie gesegnet wäre dein Weg! Du würdest nicht nur Seine Worte haben, sondern sie auch halten; du wärst nicht nur ein Hörer des Wortes, sondern auch ein Täter.
Nichts zum Wort hinzufügen
Wir sollen weder zur Rechten noch zur Linken vom Weg Gottes abweichen (5. Mose 5, 32). Wenn das Lassen Seiner Anordnungen ein Abweichen zur Linken ist, dann ist das Hinzufügen eigener Anordnungen ein Abweichen zur Rechten. Saul fügte dem Wort Gottes ein eigenes Wort hinzu und brachte damit Israel nicht nur um den Segen eines vollständigen Sieges gegen die Philister, sondern darüber hinaus auch noch in ernste Gefahr: Als sich nämlich der Tag endlich neigte und das Volk endlich essen durfte, konnte es sich nicht mehr beherrschen: 32 Und das Volk fiel über die Beute her, und sie nahmen Kleinvieh und Rinder und Kälber und schlachteten sie auf die Erde hin; und das Volk ass mit dem Blut
1. Sam 14, 32. Das Volk verging sich am Gesetz Gottes, indem es in seiner Gier das Fleisch mitsamt dem Blut ass. So weit hatte es Saul mit seiner dummen Anordnung gebracht! Zwar regte sich offensichtlich sein Gewissen, denn er beschwor das Volk, nicht mit dem Blut zu essen. Doch das Vergehen des Volkes war ihm anzulasten. Natürlich traf auch das Volk eine Schuld, denn es hatte seinem Wort blind Folge geleistet. Die Anordnung des Königs brachte nur Schlechtes über das Volk, und so ist es mit jeder Anordnung, die wir dem Wort Gottes hinzufügen. Was der Herr geboten hat, ist wichtig und gut; was ein Mensch gebietet, wird uns dagegen zu Fall bringen. Seien wir darauf bedacht, nicht blind unseren Leitern nachzufolgen, sondern alles, was sie sagen, anhand des Wortes Gottes zu prüfen. Achten wir aber auch darauf, dem Wort Gottes nichts hinzuzufügen. Wir sollen im Übrigen auch nicht frommer sein, als der Herr gebietet; Seinem Massstab treu zu werden, ist Arbeit genug.
Jonathan, der Glückliche, hatte den Schwur Sauls nicht gehört und war deshalb nicht um den Segen Gottes gekommen. Als ihn einige aus dem Volk darauf aufmerksam machten, antwortete er:
Mein Vater hat das Land in Trübsal gebracht; seht doch, dass meine Augen hell geworden sind, weil ich ein wenig von diesem Honig gekostet habe. 30 Was wäre es gewesen, wenn das Volk heute ungehindert von der Beute seiner Feinde gegessen hätte, die es gefunden hat! Denn wäre dann nicht die Niederlage der Philister gross gewesen? 1. Sam 14, 29. 30
Für den Glauben haben menschliche Anordnungen keine Geltung; sie prallen an den Gläubigen ab, wie wenn sie sie nicht gehört hätten. Glückliche Menschen! So sollen auch wir sein. Lassen wir uns also durch diese Geschichte ermahnen: Weder sollen wir von den Anordnungen Gottes eine entfernen, noch sollen wir eigene Anordnungen hinzufügen. Lasst uns allein dem Wort Gottes, aber dem vollständigen Wort Gottes, nachfolgen! Amen.