Jesus Christus ist der Herr! Phil 2, 11

«Euch geschehe nach eurem Glauben!»

Starker Glaube

2 Und siehe, ein Aussätziger kam herzu, warf sich vor ihm nieder und sprach: Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen. 3 Und er streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will; werde gereinigt! Und sogleich wurde er von seinem Aussatz gereinigt. 4 Und Jesus spricht zu ihm: Gib Acht, sage es niemand; sondern geh hin, zeige dich dem Priester und bring die Gabe dar, die Mose angeordnet hat, ihnen zum Zeugnis. Mt 8, 2–4

Im Gesetz, das Gott mittels Mose Seinem Volk Israel gegeben hat, widmen sich zwei ganze Kapitel (3. Mose 13. 14) dem Aussatz – einer überaus ansteckenden Krankheit. Erklärte der Priester einen Israeliten nach der vorgeschriebenen langwierigen und sorgfältigen Prüfung für unrein, musste dieser Mensch, der Aussätzige, das Lager der Israeliten verlassen, was aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr nur folgerichtig ist. Gelangte der Aussätzige zur Auffassung, er sei vom Aussatz geheilt, so folgte wiederum eine langwierige und sorgfältige Prüfung durch den Priester sowie ein klar verordnetes Ritual, bevor der Israelit wieder ins Lager Israels gelangen durfte. Wenn ich mich nicht irre, so wird im Alten Testament nur ein einziges Mal von einer wundersamen Heilung von Aussatz berichtet, wobei diese Heilung einen Heiden, also jemanden, der nicht zum Volk Israel gehörte, betraf (2. Kön 5). Wenn auch das Gesetz klare Richtlinien zur Feststellung der Heilung von Aussatz und zur Reintegration des Geheilten enthält, somit also von der Möglichkeit ausgeht, dass Aussatz geheilt werden kann, so muss doch davon ausgegangen werden, dass Heilungen von Aussatz in Israel äusserst selten waren.

Gerade vor dem Hintergrund dieser Tatsachen erkennen wir, wie stark der Glaube des Aussätzigen, von dem in Mt 8, 2–4 berichtet wird, gewesen sein muss: Er, der nichts zu hoffen hatte, begab sich an einen Ort, an dem er nicht hätte sein dürfen – wie mochten wohl die Menschen, die in jenem Augenblick bei Jesus waren, reagiert haben? – und warf sich vor dem Herrn nieder; alles legte er dem Herrn hin, alles vertraute er Ihm an. Und erst seine Worte: Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen! Wir erkennen nicht den Hauch des geringsten Zweifels an der Macht des Herrn in seinen Worten; er, der nichts zu hoffen hatte, gab Zeugnis, dass er sich zu hundert Prozent sicher war, dass der Herr ihn heilen konnte. Das ist starker, lebendiger Glaube. Allerdings gab es einen Bereich der Unsicherheit: Der Aussätzige war sich nicht sicher, ob der Herr ihn denn auch heilen wollte. Indirekt stellte er deshalb die Frage: Herr, willst du mich heilen? So sehen wir hier also zwei Dinge, die einer Antwort des Herrn bedurften: Die Frage nach Seiner Gnade und der Glaube an Seine Macht.

Wie lieblich ist nun die Reaktion des Herrn: Er rührt den Aussätzigen an – man bedenke, was dies angesichts der enormen Ansteckungsgefahr bedeutet! – und spricht lediglich vier Worte: Ich will; sei gereinigt! Mit diesen wenigen, starken Worten ist alles geklärt. Die Frage des Aussätzigen nach der Gnade des Herrn ist beantwortet: Ich will!, und der Glaube an die Macht des Herrn findet seine Bestätigung: Sei gereinigt!. Wie rasch und doch vollkommen ist alles geklärt, wenn es dem Herrn zu Füssen gelegt wird!

Ausserordentlicher Glaube

Im Anschluss an die Heilung des Aussätzigen wird uns von einem römischen Hauptmann berichtet, der den Herrn um Heilung eines kranken Dieners bat:

5 Als er aber nach Kapernaum hineingegangen war, kam ein Hauptmann zu ihm, der ihn bat 6 und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause gelähmt und wird schrecklich gequält. 7 Und er spricht zu ihm: Ich will kommen und ihn heilen. 8 Und der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach trittst; sondern sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird geheilt werden. 9 Denn auch ich bin ein Mensch unter Befehlsgewalt und habe Soldaten unter mir; und ich sage zu diesem: Geh!, und er geht; und zu einem anderen: Komm!, und er kommt; und zu meinem Knecht: Tu dies!, und er tut es. 10 Als aber Jesus es hörte, verwunderte er sich und sprach zu denen, die nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch, selbst nicht in Israel habe ich so grossen Glauben gefunden. 13 Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin, dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde geheilt in jener Stunde. Mt 8, 5–10. 13

Erstaunlich an dieser Begebenheit ist bereits, dass (erstens) ein Heide den Herrn um Hilfe ersucht, und zwar (zweitens) nicht für sich, sondern für einen seiner Knechte. Israel als Nation, als Volk Gottes, stand im Begriff, den Herrn Jesus als Messias zu verwerfen, während ein Heide, der – zumindest nach Ansicht der jüdischen Schriftgelehrten – noch weiter von Gott entfernt sein musste als ein Aussätziger, sich vertrauensvoll an den Herrn wendet und Ihn um Hilfe ersucht. Bevor der römische Hauptmann nun seine Bitte ausspricht – er schildert lediglich das Problem –, antwortet ihm der Herr: Ich will kommen und ihn heilen. Der Hauptmann hätte durchaus zufrieden sein können, hatte er doch bereits bekommen, was er wollte. Doch der Glaube des Hauptmannes konnte sich nicht mit dem begnügen, was der Herr für ihn tun konnte. Vielmehr hatte der Hauptmann durch Glauben ergriffen, welche Herrlichkeit dem Herrn gebührte, und welches seine Stellung vor diesem Herrn war: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach trittst; sondern sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird geheilt werden. Der Glaube des Hauptmannes forderte geradezu die Verherrlichung Jesu, und er hätte keine genügende Antwort erhalten, wenn zwar sein Knecht geheilt, der Herr aber nicht Seiner Stellung gemäss verherrlicht worden wäre. Dieser Heide, der dem Herrn noch nie begegnet war, hat damit bezeugt, dass er wahrhaft erkannt hat, wer der Herr Jesus ist und welche Ehre Ihm gebührt. Dies ist die Qualität von Glaube, die wir dem Herrn gegenüber aufweisen sollten – zumal wir Ihm sehr viel näher stehen als der Hauptmann (vgl. 2. Kor 11, 2). So antwortet Jesus denn auch: Wahrlich, ich sage euch, selbst nicht in Israel habe ich so grossen Glauben gefunden – welch eine Beschämung für die ganze Nation, die sich damit rühmte, Gottes Volk zu sein! Natürlich geschah auch dem Hauptmann, wie er geglaubt hatte. Jeder, der diese Qualität von Glaube an den Herrn, Glaube, der sich nicht nur mit dem beschäftigt, was der Herr für einen tun kann, sondern Glaube, der auch daran interessiert ist, wie der Herr ist, welche Ehre Ihm gebührt, und was unsere Stellung vor Ihm ist, aufweist, kann sich glücklich schätzen!

Kleinglaube

Wie bereits angetönt, befanden sich sowohl der Aussätzige als auch der Hauptmann in einer besonderen Stellung: Ersterer musste zwar als Angehöriger des Volkes Gottes, allerdings als Verstossener, nicht zum eigentlichen Lager Israels gehörendes Glied, angesehen werden; letzterer gehörte überhaupt nicht zum Volk Gottes. Beide wiesen jedoch einen starken Glauben auf, wobei der Glaube des Hauptmannes gar als aussergewöhnlich bezeichnet werden muss. Wir haben gesehen, dass gerade der Glaube des Hauptmannes im starken Gegensatz zum Glauben steht, den der Herr in Israel, Seinem Volk, gefunden hat. Nun folgt in Mt 8 – im Anschluss an einige weitere Begebenheiten, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll – eine Begebenheit, in welcher der Glaube der Jünger, jener Menschen also, welche dem Herrn mit Abstand am nächsten standen, beleuchtet wird:

23 Und als er in das Schiff gestiegen war, folgten ihm seine Jünger. 24 Und siehe, ein grosses Unwetter erhob sich auf dem See, so dass das Schiff von den Wellen bedeckt wurde; er aber schlief. 25 Und die Jünger traten hinzu, weckten ihn auf und sprachen: Herr, rette uns, wir kommen um! 26 Und er spricht zu ihnen: Was seid ihr furchtsam, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf und schalt die Winde und den See; und es trat eine grosse Stille ein. 27 Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: Was für einer ist dieser, dass auch die Winde und der See ihm gehorchen? Mt 8, 23–27

Sowohl der Aussätzige als auch der Hauptmann waren dem Herrn nur einmal und nur für eine kurze Dauer begegnet; sie hatten eine Berührung mit Ihm gehabt, unterhielten jedoch keine eigentliche Beziehung zu Ihm. Völlig anders die Jünger: Sie waren vom Herrn berufen worden und waren von jenem Zeitpunkt an ständig an Seiner Seite. Sie kannten Ihn, wie Ihn sonst kein Mensch kannte. Nun bestiegen sie gemeinsam mit Ihm ein Schiff, um den See zu überqueren. Wir, die wir an Ihn glauben, befinden uns – bildlich gesprochen – ebenfalls in einem Schiff mit Ihm; an Seiner Seite durchfahren wir diese Welt, nicht mehr zum See («Völkermeer») gehörend, aber doch in Berührung mit dem See, auf das jenseitige Ufer, die jenseitige Herrlichkeit, zusteuernd. Diese Überfahrt verläuft nicht immer glatt, denn von Zeit zu Zeit stehen uns Winde und See entgegen – manchmal sogar so stark, dass unser Schiff von den Wellen bedeckt wird. Weder Winde noch See vermögen indessen den Herrn aus der Ruhe zu bringen; Er kennt das Ende; Er weiss, dass das Schiff die Überfahrt unbeschadet überstehen wird, dass alle Seine Jünger heil am andern Ufer ankommen werden. Ist es nicht tröstlich, dies zu wissen? Auch die Jünger hätten dies wissen müssen. Doch gerade sie waren es, die vom Herrn (als Einzige in diesem Kapitel) wegen ihres Kleinglaubens gescholten werden mussten!

Der Aussätzige hatte sich vor dem Herrn niedergeworfen und bezeugt: Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen; der Hauptmann hatte gesagt: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach trittst und: Sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird geheilt werden. Doch was war die Sprache der Jünger? Wir kommen um! Ist das nicht erschreckend? Die Jünger stellen ihren Tod quasi als gewiss hin; sie sind verzweifelt, und in ihrer Not wenden sie sich an Ihn als die letzte Quelle der Hilfe, fast so als sei es unwahrscheinlich, aber doch einen Versuch wert: Rette uns! Wo ist die Demut? Wo ist der Glaube?

Zu Recht schilt der Herr diese Männer. Doch im selben Zug beweist Er Seine unumstössliche Gnade: Er steht auf und schilt die Winde und den See, so dass eine grosse Stille eintritt. Der Kleinglaube der Jünger machte Seine Gnade nicht zunichte, denn die Quelle der Gnade liegt nicht im Glauben der Jünger begründet, sondern allein in Ihm. Welch eine herrliche Tatsache: Selbst jene, die nur kleinen Glauben aufzuwenden vermögen, erfahren eine Antwort voll Gnade. Wenn es uns auch nicht ansteht, ähnlichen Kleinglauben wie die Jünger aufzuweisen, wenn ein solcher Kleinglaube uns auch zutiefst beschämen müsste, so dürfen wir doch gewiss sein, dass selbst ein derart kleiner, schwacher Glaube eine angemessene Antwort des Herrn nach sich führt.

Unglaube

Die vierte Begebenheit, die hier näher betrachtet werden soll, schliesst unmittelbar an die Überfahrt an:

28 Und als er an das jenseitige Ufer gekommen war, in das Land der Gergesener, kamen ihm zwei Besessene entgegen, die aus dem Grüften hervorkamen, sehr wütend, so dass niemand auf jenem Weg vorbeizugehen vermochte. 29 Und siehe, sie schrien und sprachen: Was haben wir mit dir zu schaffen, Sohn Gottes? Bist du hierher gekommen, um uns vor der Zeit zu quälen? 30 Es war aber fern von ihnen eine Herde vieler Schweine, die weidete. 31 Die Dämonen aber baten ihn und sprachen: Wenn du uns austreibst, so sende uns in die Schweineherde. 32 Und er sprach zu ihnen: Geht hin. Sie aber fuhren aus und fuhren in die Schweine. Und siehe, die ganze Herde stürzte sich den Abhang hinab in den See, und sie kamen in dem Gewässer um. 33 Die Hüter aber flohen und gingen in die Stadt und verkündeten alles, auch das von den Besessenen. 34 Und siehe, die ganze Stadt ging hinaus, Jesus entgegen, und als sie ihn sahen, baten sie, dass er aus ihrem Gebiet weggehe. Mt 8, 28–34

Von Interesse soll hier lediglich das Verhalten der Stadtbewohner sein: Diese Menschen interessierten sich offensichtlich nur für ihre Schweine, die sie, wären sie gottesfürchtig gewesen, ohnehin nicht hätten halten dürfen (3. Mose 11, 7), nicht aber für die Heilung der Besessenen bzw. für den Erweis der Macht Gottes. Wer der Herr war, was Seine Botschaft war, wie Er diese Botschaft soeben bekräftigt hatte – all das war ihnen völlig egal. Sie hatten ihre Schweine verloren und deshalb baten sie den Herrn, ihr Gebiet wieder zu verlassen. Dies nun ist nicht Kleinglaube, sondern barer Unglaube. Auf diesen Unglauben reagiert der Herr: Er verlässt das Gebiet der Gergesener. Es mag nicht direkt ins Auge springen, doch diese Reaktion ist schrecklich: Wenn der Herr sich zurückzieht, was bleibt? Nichts als Finsternis! Die Menschen werden weiterhin auf ihren krummen Pfaden wandeln, deren Ende der Tod ist (Spr 16, 25). Man möge sich eine Entscheidung gegen den Herrn sehr gut überlegen!