Jesus Christus ist der Herr! Phil 2, 11

Mangel und Überfluss

Gefahren für den Glaubenswandel

Im Gleichnis des Herrn Jesus vom Sämann wird eindrücklich darauf hingewiesen, dass einerseits Sorgen und Lasten der Welt, andererseits aber auch Verlockungen eine Gefahr für Menschen darstellen, die dem Glauben nahe stehen:

3 Und er redete vieles in Gleichnissen zu ihnen und sprach: Siehe, der Sämann ging aus, um zu säen; 4 und als er säte, fiel einiges an den Weg, und die Vögel kamen und frassen es auf. 5 Anderes aber fiel auf das Steinige, wo es nicht viel Erde hatte; und sogleich ging es auf, weil es keine tiefe Erde hatte. 6 Als aber die Sonne aufgegangen war, wurde es verbrannt, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es. 7 Anderes aber fiel in die Dornen; und die Dornen schossen auf und erstickten es. Mt 13, 3–7

Diese bildlichen Belehrungen sprechen eigentlich für sich. Wir finden aber auch die Erklärungen des Herrn Jesus selbst dazu in der Bibel:

19 Sooft jemand das Wort vom Reich hört und nicht versteht, kommt der Böse und reisst weg, was in sein Herz gesät war; dieser ist es, der an den Weg gesät ist. 20 Der aber auf das Steinige gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört und es sogleich mit Freuden aufnimmt; 21 er hat aber keine Wurzel in sich, sondern ist nur für eine Zeit; wenn nun Drangsal entsteht oder Verfolgung um des Wortes willen, nimmt er sogleich Anstoss. 22 Der aber in die Dornen gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört; und die Sorge der Welt und der Betrug des Reichtums ersticken das Wort, und er bringt keine Frucht. Mt 13, 19–22

Interessant ist, dass die Dornen nicht nur die Sorge der Welt bildlich darstellen, sondern auch den Betrug des Reichtums. Beides kann den gestreuten Samen (das Wort Gottes) ersticken, bevor er Frucht bringen kann. Das leuchtet durchaus ein, wenn wir uns vor Augen führen, dass das Wort Gottes keine leicht verdauliche Speise ist, dass es eben nicht genügt, es zu hören und vielleicht als weise anzusehen, sondern dass es auf das eigene Leben angewendet werden will. Das Wort Gottes beurteilt das Leben eines jeden Menschen (Hebr 4, 12), es ist ein Spiegel (Jak 1, 23), es fordert eine Reaktion (Jak 1, 22) – jeder, der das Wort Gottes hört, muss sich entscheiden, ob er sein Leben weiter wie bisher leben oder sich unter das Urteil und den Willen Gottes demütigen will, dass nämlich jeder Mensch hoffnungslos verdorben und getrennt von Gott ist und jemand Dritten braucht, der für ihn in die Bresche springt und wieder gut macht, was er selbst zerstört hat. So heisst es etwa:

22 Gottes Gerechtigkeit aber durch Glauben an Jesus Christus gegen alle und auf alle, die glauben. Denn es ist kein Unterschied, 23 denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes 24 und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist; 25 den Gott dargestellt hat als ein Sühnmittel durch den Glauben an sein Blut, zur Erweisung seiner Gerechtigkeit wegen des Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden 26 unter der Nachsicht Gottes; zur Erweisung seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, dass er gerecht sei und den rechtfertige, der des Glaubens an Jesus ist. 27 Wo ist nun der Ruhm? Er ist ausgeschlossen worden. Durch was für ein Gesetz? Der Werke? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens. 28 Denn wir urteilen, dass ein Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke. Röm 3, 22–28

Ja, die Menschen sind hoffnungslos verloren, es gibt keinen Raum für irgendwie gearteten Ruhm! Keiner von uns erreicht die Herrlichkeit Gottes, keiner von uns kann sich einen Platz bei Ihm verdienen – wir sind so weit von Ihm und Seiner Heiligkeit entfernt, dass die ewige, endgültige Trennung die einzig logische Konsequenz ist! Unsere Sünden und der Wille Gottes, der nicht will, dass irgendjemand verloren geht, machten ein blutiges stellvertretendes Opfer notwendig: Der Herr Jesus Christus, der vielgeliebte, einzige Sohn Gottes, musste sich am Kreuz hingeben und das Strafgericht Gottes erdulden, damit Gott nun ohne Seine Gerechtigkeit und Heiligkeit zu verletzen, Menschen begnadigen kann. Nur der Glaube an den Herrn Jesus Christus errettet.

Das ist, wie erwähnt, schwer zu verdauen. Nicht, weil es schwer nachvollziehbar wäre, sondern weil wir uns fragen müssen, ob wir das vernichtende Urteil über unser Leben anerkennen und entsprechende Schritte tätigen wollen. Auch die Entscheidung, sein Leben der Führung Gottes anzuvertrauen und nicht mehr (vermeintlich) selbstbestimmt zu leben, fällt gewiss nicht leicht. Wer oberflächlich zu all dem Ja und Amen sagt, der ist harter Boden; bei den ersten Problemen wird sich zeigen, dass da kein echter Glaube ist (Mt 13, 5. 20).

Angenommen, jemand wird mit all dem konfrontiert, gleichzeitig kommen aber Sorgen auf. Ein solcher sieht sich doch konfrontiert mit einer schwer verdaulichen Wahrheit, die er irgendwann einmal verarbeiten sollte (wenn er denn entsprechende Einsicht und Demut hat, was meist nicht der Fall ist), und gleichzeitig mit konkreten, bedrohenden Problemen, die gelöst werden wollen. Eine Sache betrifft die ferne Zukunft und Dinge, die man nicht sieht, die andere sichtbare, augenblicklich bedrohende Gefahren, die es abzuwenden gilt. Die Angst vor einem Berg von Gefahren und Sorgen kann einen Menschen lähmen, die Last ihn erschlagen. Wie schnell ist dann das Wort Gottes vergessen! Selbst Menschen, die bereits gläubig sind und einigermassen fest im Glauben stehen, können angesichts drückender Sorgen in Gefahr stehen, sich von Gott zu entfernen. Dem Herrn sei Dank! Keiner, der glaubt, wird je verloren gehen oder aus Seiner Hand entrissen werden können! Aber die Dornen können das Wort Gottes auch bei solchen nahezu ersticken. Gläubige Christen können von Sorgen so bedrückt und belastet sein, dass ein Aussenstehender kaum mehr einen Unterschied zu anderen Menschen ausmachen kann. Wir dürfen uns diesbezüglich nichts vormachen: Sorgen der Welt bedeuten auch für Gläubige reale Gefahren. Das weiss im Übrigen auch der Widersacher Gottes, der Satan: Mit schweren Schicksalsschlägen wollte er Hiob dazu bringen, sich von Gott loszusagen (Hiob 1, 11 und Hiob 2, 5). Wir sollen nicht bei uns selbst denken, wir würden uns in Prüfungen mindestens ebenso bewähren wie Hiob! Wer zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht falle 1. Kor 10, 12.

Sorgen und Mangel können das Glaubensleben – nicht nur die Entscheidung, zum Glauben zu kommen – also hindern. Überfluss oder Reichtum ist aber ebenso gefährlich. Denken wir nur an den reichen Jüngling, der dem Herrn Jesus nicht mehr nachfolgen wollte, als es darum ging, seinen Reichtum zu verschenken (Mt 19, 16–24). Interessanterweise waren die Zeiten des grössten Wachstums der Kirche Gottes auch jene Zeiten, in denen sie bis aufs Blut verfolgt wurde. Die Zerstreuung der Kirche in Jerusalem hatte zur Folge, dass das Wort Gottes in die Welt hinausgetragen wurde (vgl. Apg 8, 1–3). Die Versammlung in Smyrna, die sinnbildlich für den Zustand der Kirche während der Verfolgung durch das Römische Reich steht, wird als arm, aber (geistlich) reich bezeichnet (Offb 2, 9), und ermutigt, auszuharren (Offb 2, 8–11). Nach dem Ende der Verfolgung nahm die geistliche Energie sehr rasch ab, wie die Sendschreiben an Pergamon und Thyatira vorschatten (Offb 2, 12–29). Und was kennzeichnet den bedenklichsten Zustand der Kirche? Lauheit (Offb 3, 15. 16), Reichtum und Selbstzufriedenheit (Offb 3, 17). Ja, man kann üppig (…) gegen Christus 1. Tim 5, 11 werden, und bei Überfluss besteht die Gefahr, den Herrn zu vergessen (5. Mose 8, 11–14).

Die Gefahren von Reichtum und Überfluss sind vielfältig: Reichtum vermittelt zunächst Sicherheit und Unabhängigkeit. Wenn wir reich sind, brauchen wir vieles nicht mehr zu fürchten, weil sich viele Probleme nun einmal mit Geld lösen lassen. Weil wir mit «unserem» Geld vieles selbst bestimmen und regeln können, benötigen wir (vermeintlich) auch keinen Helfer in der Not mehr. Wir können auch (vermeintlich) selbst bestimmen, was wir mit all dem Geld machen wollen, das uns zur Verfügung steht. Dabei besteht in unserer Gesellschaft und in der heutigen Zeit eine erhöhte Gefahr, denn einerseits herrscht ein schier unüberschaubares Angebot an Beschäftigungen, Aktivitäten und Dingen vor, die wir uns leisten können, und andererseits steht uns sehr viel mehr Zeit zur Verfügung, dem allem nachzugehen, als noch etwa unseren Grosseltern. Wir arbeiten heute noch 40 oder 42 Stunden pro Woche; Ende des 19. Jahrhunderts wurde erst in einem Kanton (Glarus) ein Sonntagsarbeitsverbot und eine Beschränkung der Arbeitszeit auf zwölf Stunden pro Woche (das ergibt eine 72-Stunden-Woche) eingeführt. Im Zuge des Zweiten Weltkrieges wurde die Nahrung rationiert; heute schmeissen wir Geräte, die nicht mehr ordnungsgemäss funktionieren, weg, weil eine Neuanschaffung günstiger ist als eine Reparatur. Jedenfalls sehen sich alle Vermögenden mit einem Angebot an Vergnügungen und Dingen konfrontiert, das kaum mehr überschaut werden kann. Und wie viel lieber geben wir uns doch oberflächlichem Vergnügen hin, statt schwere Kost zu verdauen! Auch diesbezüglich gilt: Gläubige stehen ebenso in Gefahr wie solche, denen das Wort Gottes erst verkündigt wurde. Wir können dem Trugschluss unterliegen, unser Reichtum sei eine Folge besonderen Gehorsams (wie viele Geschwister in Christo denken doch in den Kategorien des Gesetzes Israels!), werden faul, träge, lau und selbstzufrieden. Wir bedienen uns dann gerne am reichhaltigen Angebot der Welt – und vergessen den Herrn, werden üppig gegen ihn. Wie heisst es doch: 15 Da wurde Jeschurun fett und schlug aus; du wurdest fett, dick, feist! Und er verliess Gott, der ihn gemacht hatte, und verachtete den Felsen seiner Rettung 5. Mose 32, 15.

Weisheit von oben

Der Herr sei gepriesen! In seinem Wort hat Er uns Einblick in die Weisheit gegeben, durch die Er die Erde gegründet und (…) die Himmel festgestellt Spr 3, 19 hat. Wer will, kann im Buch der Sprüche Weisheit finden, die ihm hilft, seinen Wandel in Geradheit und Klugheit zu gehen, Weisheit, die ihm hilft, sich in unterschiedlichsten Situationen im Alltag korrekt zu verhalten, Weisheit, die ihm hilft, Fehler und Gefahren zu vermeiden. Vielen ist nicht bewusst, was für einen wertvollen Schatz sie mit dem Buch der Sprüche in Händen halten – mir war es auch lange verborgen –, weshalb es mir ein Anliegen ist, mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass es sich lohnt, die darin enthaltene Weisheit zu erforschen und sich anzueignen. Es ist keine geringe Weisheit – es ist die Weisheit, durch die die Erde gegründet und die Himmel festgestellt wurden. Welch Gnade Gottes, uns daran teilhaben zu lassen!

Die Sprüche sind allerdings kein «Mittel zur Gottseligkeit». Wer nach der darin enthaltenen Weisheit wandelt, geht nicht bereits den bestmöglichen Weg, denn der Wandel eines Christen ist weit mehr als die Beachtung göttlicher Weisheit. Man kann weise im Sinne der Bibel, aber im Herzen doch weit von Gott entfernt sein – kein Idealzustand für einen Christen, der sich doch in erster Linie durch seine Zuneigung zum Herrn auszeichnen sollte. Andererseits sind die Sprüche aber auch nicht bloss menschliche Klugheit. Mehrfach, unter anderem gleich zu Beginn, wird betont: 7 Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis; die Narren verachten Weisheit und Unterweisung Spr 1, 7. Die Sprüche enthalten göttliche Weisheit, und nach dieser Weisheit trachten Seelen, die Gott fürchten, die ihr Leben nach Seinen Massstäben leben wollen. Alle anderen werden nicht viel auf die göttliche Weisheit geben und sich lieber anderen Quellen von «Weisheit» zuwenden. Dieser Punkt darf nicht unterschätzt werden. Die Sprüche sind keine Antwort auf die Frage: «Wie mache ich das Beste aus meinem Leben?» Vielmehr lautet die Frage, auf die die Sprüche eine Antwort geben können: «Wie kann ich meinen Weg vor dem Herrn rein bewahren?» Die Sprüche enthalten ganz praktische Belehrungen, die uns helfen, viele Gefahren und Fallstricke zu vermeiden. Wer danach trachtet, sich gemäss den Sprüchen zu verhalten, der befindet sich immerhin bereits in einem vernünftigen Rahmen und vermeidet die gröbsten Misstritte.

In den Sprüchen heisst es unter anderem:

8 Eitles und Lügenwort entferne von mir, Armut und Reichtum gib mir nicht, speise mich mit dem mir beschiedenen Brot; 9 damit ich nicht satt werde und dich verleugne und spreche: Wer ist der Herr?, und damit ich nicht verarme und stehle und mich vergreife an dem Namen meines Gottes. Spr 30, 8. 9

Das ist eine weise Bitte, keine Bitte, die nicht erfüllt wird, weil ihr übel bittet, damit ihr es in euren Begierden vergeudet Jak 4, 3. Vor Armut will der Bittende verschont bleiben, damit er sich nicht am Namen Gottes vergreift, indem er stiehlt, vor Überfluss, damit er nicht satt wird und den Herrn verleugnet. Wie bereits dargestellt, sind beides – Mangel und Überfluss – ernsthafte Gefahren, die dazu führen können, dass wir uns am Herrn versündigen. Auch im Buch des Predigers, das ebenfalls Weisheit enthält, sich aber lediglich auf die Dinge «unter der Sonne», also auf die sichtbaren, zum irdischen Leben gehörenden Dinge, bezieht, heisst es eindrücklich:

9 Wer das Geld liebt, wird des Geldes nicht satt, und wer den Reichtum liebt, nicht des Ertrags. Auch das ist Eitelkeit. 10 Wenn das Gut sich mehrt, so mehren sich, die davon zehren; und welchen Nutzen hat dessen Besitzer, als das Anschauen seiner Augen? 11 Der Schlaf des Arbeiters ist süss, mag er wenig oder viel essen; aber der Überfluss des Reichen lässt ihn nicht schlafen. 12 Es gibt ein schlimmes Übel, das ich unter der Sonne gesehen habe: Reichtum, der von dessen Besitzer zu seinem Unglück aufbewahrt wird. 13 Solcher Reichtum geht nämlich durch irgendein Missgeschick verloren; und hat er einen Sohn gezeugt, so ist gar nichts in dessen Hand. 14 Wie er aus dem Leib seiner Mutter hervorgekommen ist, wird er nackt wieder hingehen, wie er gekommen ist; und für seine Mühe wird er nicht das Geringste davontragen, das er in seiner Hand mitnehmen könnte. Pred 5, 9–14

Es ist also gut und weise für einen Menschen, den Herrn um ein gesundes Mass an materiellen Mitteln zu bitten – nicht zuwenig, dass Mangel ihn in Gefahr bringt, aber auch nicht zuviel, dass er nicht aufgrund seines Überflusses in Gefahr steht. Der Gottesfürchtige wird sich diese Bitte zu eigen machen, weil es ihm ein Anliegen ist, sich innerhalb desjenigen Bereichs zu befinden, der am wenigsten Gefahren birgt hinsichtlich der Beziehung zum Herrn.

Was unsere irdischen Bedürfnisse im Allgemeinen betrifft, so wird es vernünftig sein, in dieser Weise zu bitten. Jeder möge sich anhand seiner Bitten selbst prüfen, ob es ihm diesbezüglich allenfalls noch an Weisheit mangelt.

Unabhängigkeit

Interessanterweise schreibt der Apostel Paulus etwas anderes über Mangel und Überfluss:

11 Nicht, dass ich dies des Mangels wegen sage, denn ich habe gelernt, worin ich bin, mich zu begnügen. 12 Ich weiss sowohl erniedrigt zu sein, als ich weiss Überfluss zu haben; in jedem und in allem bin ich unterwiesen, sowohl satt zu sein als zu hungern, sowohl Überfluss zu haben als Mangel zu leiden. 13 Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt. Phil 4, 11–13

Paulus war weder vor Mangel verschont geblieben, noch war ihm Überfluss verwehrt gewesen – beides kannte er aus eigener Erfahrung. Gewiss, er hatte weder Mangel noch Überfluss gesucht, hat sich sicherlich nicht absichtlich den damit verbundenen Gefahren ausgesetzt, denn das wäre töricht gewesen. Vom Herrn wurde er aber in diese Gefahren geführt, wie auch uns diese Gefahren begegnen können, selbst wenn wir sie nicht suchen. Es gibt nämlich keine Garantie dafür, dass wir unser gesamtes Leben innerhalb desjenigen Bereichs leben können, der am wenigsten Gefahren birgt. Das soll unsere tägliche Bitte sein, aber nicht unsere Erwartung. Prüfungen gehören nun einmal zum Glaubensleben dazu.

Welchen Einfluss hatten denn nun Mangel und Überfluss auf den Apostel Paulus? Keinen. Wenn wir um die Gefahren von Mangel und Überfluss wissen, ist es nicht erstaunlich, wie Paulus darüber schreibt? Ohne viele Worte hält er schlicht fest, dass er gelernt habe, sich worin er sei, zu begnügen, dass er beides kenne, aber alles vermöge in dem, der ihn kräftige. O, wie erhaben ist doch der Weg eines Christen! Erkennen wir die Herrlichkeit in diesen Worten?

Der Gottesfürchtige, der (noch) nicht allzu viel von der Breite und Länge und Höhe und Tiefe Eph 3, 18 verstanden hat, der (noch) nicht völlig in Liebe gewurzelt und gegründet Eph 3, 17 ist, der (noch) nicht die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus Eph 3, 19 begriffen hat und (noch) nicht erfüllt ist zu der ganzen Fülle Gottes Eph 3, 19, der ist darauf angewiesen, sich stets innerhalb des erwähnten «sicheren» Bereichs zu befinden, damit er nicht strauchelt. Ein junges, zartes Pflänzchen mag schweren Stürmen oder starker Hitze unter Umständen nicht trotzen, während eine ältere, über mehrere Jahre gewachsene Pflanze derselben Art solchen Widrigkeiten trotzen kann, weil sie besser verwurzelt ist. Jemand, der jung im Glauben ist oder nicht fortwährend im Glauben gewachsen ist, kann allfällige Widrigkeiten nicht ebenso unbeschadet überstehen wie jemand, der bereits fester im Glauben verwurzelt ist.

Anders ausgedrückt: Wer mehr von der Herrlichkeit Christi weiss, wem Christus wahrhaftig kostbar geworden ist, dem können Mangel und Überfluss nicht so sehr schaden wie jemandem, der nicht in gleichem Masse um die Kostbarkeit und Herrlichkeit Christi und seiner Beziehung zu Ihm weiss. Was sind schon Mangel oder Überfluss im Vergleich zu dem, was Christus für unsere Herzen sein kann, im Vergleich zur herrlichen Art der Beziehung, die wir zu Ihm haben können? Wer erfahren hat, wie kostbar die Beziehung zu Christo sein kann, der wird sich zweimal überlegen, ob er diesen Schatz wegen Mangels gefährden will. Weil er weiss, was er an der ungestörten Beziehung zum Herrn hat, kommt sowohl Mangel als auch Überfluss automatisch ein deutlich geringeres Gewicht zu. Wer wahrhaft weiss, was der Herr für ihn sein kann und ist, kann – durch diese Kraft – sowohl Mangel als auch Überfluss trotzen. Ein solcher befindet sich auf einer völlig anderen Stufe als einer, der darauf angewiesen ist, sich innerhalb eines gewissen Bereichs zu befinden, um sich nicht am Herrn zu versündigen. Der Weg eines solchen ist weit erhabener als jener andere Weg.

Lieber Bruder, liebe Schwester im Herrn Jesus Christus! Der Herr möchte uns nicht einfach ohne grösseren Schaden durch das Minenfeld dieses Lebens schleusen. Das Ziel ist nicht erreicht, wenn wir die siebzig, allenfalls achtzig Jahre hienieden mehr oder weniger unbeschadet überstehen. Nein, der Herr verfolgt weit höhere Ziele mit uns, mit mir und dir: Er will, dass wir selbst in widrigsten Umständen vollkommen, Ihm gleich sind. Er will, dass wir lernen, so sehr von Ihm abhängig zu sein und so sehr an Ihm zu hangen, dass die Gefahren dieses Lebens uns nichts mehr anhaben können, selbst wenn wir mitten hindurch müssen. Es genügt Ihm nicht, uns vor Reichtum zu bewahren, damit wir nicht satt und Seiner überdrüssig werden. Nein, Er will, dass wir auch dann, wenn wir reich werden, weiter Ihm anhangen. Der Herr will so viel mehr aus unseren Leben machen, als wir uns vorstellen! Wollen wir auch?