Jesus Christus ist der Herr! Phil 2, 11

Nicht alles publik machen!

Liebe Leser, der Herr meint es mehr als gut mit den Seinen! Das Christenleben zeichnet sich nicht durch Verzicht und Entbehrung aus. Beides kann im Leben eines Einzelnen nötig sein, aber es ist nicht das kennzeichnende Merkmal des christlichen Lebens. Kennzeichnend ist, dass wir mit dem Herrn selbst verbunden sind und unser Leben gemeinsam mit Ihm führen, sei es ein Leben im Mangel oder ein Leben im Überfluss. Der Apostel Paulus hat das einmal so zum Ausdruck gebracht:

12 Ich weiss sowohl erniedrigt zu sein, als ich weiss Überfluss zu haben; in jedem und in allem bin ich unterwiesen, sowohl satt zu sein als zu hungern, sowohl Überfluss zu haben als Mangel zu leiden. 13 Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt. Phil 4, 12. 13

Paulus war es egal, ob er Mangel oder Überfluss hatte, Hauptsache, er war beim Herrn. Selbst wenn er ständig materiellen Mangel gehabt hätte, hätte er doch Überfluss in geistlichen Dingen gehabt. So wurde er beispielsweise einmal in den dritten Himmel entrückt, wo er Unaussprechliches erlebte (2. Kor 12, 2–4). Wir alle werden von Gott nicht nur erzogen, sondern auch erbaut. Von Zeit zu Zeit lässt Er uns Gutes schauen, Freude erleben. Vielleicht geht einmal ein lange gehegter (materieller) Wunsch unverhofft in Erfüllung, vielleicht erfahren wir tiefen Trost in einer schwierigen Situation, vielleicht hilft uns unser Himmlischer Vater, eine schier auswegslose Situation doch noch zu meistern, vielleicht geht uns endlich, endlich ein bislang unverständliches Bibelwort auf … Was auch immer es ist, womit uns der Herr eine Freude bereitet, wir dürfen uns von tiefstem Herzen daran erfreuen. Es ist nichts Verwerfliches dabei, wenn wir uns an einem Samstagmorgen daran erfreuen, dass wir einen Kaffee trinken, auf einem bequemen Sessel sitzen und durchs Fenster den Sonnenaufgang beobachten dürfen. Ebenso nichts Verwerfliches ist es, wenn wir ein Wochenende lang einen Ausflug machen und uns an dem erfreuen dürfen, was wir erleben. Wie ein Vater gibt der Herr Seinen Kindern gern von Zeit zu Zeit etwas Gutes, an dem sie sich einfach nur so erfreuen sollen. Wenn sie sich dann von Herzen daran erfreuen, dann freut auch Er sich mit ihnen.

Daneben haben wir aber auch eine gewisse Verantwortung, wie wir mit solchen Kostbarkeiten umgehen. Josia, ein gottesfürchtiger König, liess es sich durchaus gut gehen, aber er setzte sich auch für Recht und Gerechtigkeit ein und versuchte, das Volk zum Herrn zurück zu bringen, wofür er gelobt wurde. Sein Sohn Schallum dagegen wetteiferte in Zedern, während das Volk sozusagen vor die Hunde ging, und wurde dafür vom Herrn gerügt. Hiskia, ein weiterer gottesfürchtiger König von Juda, setzte sich zwar auch für das Volk und den Herrn ein, aber in einer Sache verhielt er sich falsch:

12 Zu jener Zeit sandte Berodak-Baladan, der Sohn Baladans, der König von Babel, Brief und Geschenk an Hiskia; denn er hatte gehört, dass Hiskia krank gewesen war. 13 Und Hiskia hörte sie an, und er zeigte ihnen sein ganzes Schatzhaus: das Silber und das Gold und die Gewürze und das kostbare Öl und sein ganzes Zeughaus und alles, was sich in seinen Schätzen vorfand; es gab nichts in seinem Haus und in seiner ganzen Herrschaft, was Hiskia ihnen nicht gezeigt hätte. 14 Da kam Jesaja, der Prophet, zum König Hiskia und sprach zu ihm: Was haben diese Männer gesagt? Und woher sind sie zu dir gekommen? Und Hiskia sprach: Aus fernem Land sind sie gekommen, von Babel. 15 Und er sprach: Was haben sie in deinem Haus gesehen? Und Hiskia sprach: Sie haben alles gesehen, was in meinem Haus ist; es gibt nichts in meinen Schätzen, was ich ihnen nicht gezeigt hätte. 16 Da sprach Jesaja zu Hiskia: Höre das Wort des Herrn! 17 Siehe, es kommen Tage, da alles, was in deinem Haus ist und was deine Väter aufgehäuft haben bis auf diesen Tag, nach Babel weggebracht werden wird; es wird nichts übrig bleiben, spricht der Herr. 18 Und von deinen Söhnen, die aus dir hervorkommen werden, die du zeugen wirst, wird man nehmen, und sie werden Hofbeamte im Palast des Königs von Babel sein. 2. Kön 20, 12–18

Man könnte Hiskia vorwerfen, vor den Gesandten Babels geprotzt zu haben, was die scharfe Reaktion des Herrn erklären würde. Natürlich wäre es klarerweise falsch von Hiskia gewesen, wenn er mit seinen Reichtümern – die doch eigentlich des Herrn waren – geprotzt hätte. Mir scheint aber, Hiskia habe gar nicht geprotzt. Der Bibeltext zwingt jedenfalls nicht zu dieser Interpretation. Es kann genauso gut sein, dass Hiskia sich einfach an allem erfreute, was unter seiner Verwaltung stand, und die Gesandten von Babel an dieser Freude teilhaben wollte. Kennen wir solches nicht auch aus unseren eigenen Leben? Da ist uns etwas Gutes vom Herrn erfahren und wir teilen das gewissermassen der erstbesten Person so mit. Oder wir wollen einen uns nahe stehenden Menschen für Christum gewinnen und erzählen ihm deshalb, was uns der Herr schon alles Gutes getan hat, wie um ihn zu überzeugen: «Wenn du zum Herrn zurückkehrst, wird Er dir viel Gutes erweisen.» Beides muss nicht falsch sein, kann aber auch durchaus unpassend und unangebracht sein. Stellen Sie sich einmal vor, Sie erhielten von Ihrem oder Ihrer Liebsten einen Brief, in dem er oder sie Ihnen sein oder ihr Herz ausschütten und Ihnen mitteilen würde, wie viel Sie ihm oder ihr bedeuten. So kostbar ein solcher Brief auch wäre, so unpassend wäre es, ihn im Pausenraum an Ihrem Arbeitsplatz aufliegen zu lassen – auch wenn Sie bloss Ihre Arbeitskollegen an Ihrer Freude teilhaben lassen wollen. Gewisse Kostbarkeiten erhalten Sie vom Herrn persönlich; sie sind nur für Sie bestimmt. Solches sollte nicht publik gemacht werden. Selbst wenn der Herr Ihnen das Verständnis zu einer bestimmten Bibelstelle schenkt, muss es nicht sein, dass Sie die gewonnene Erkenntnis publik machen. Vielleicht ist die Erkenntnis nur eine Hilfe für Sie selbst, für Ihren Alltag, für Ihr Glaubensleben – und nicht dazu bestimmt, etwa in einer Zusammenkunft der Versammlung mitgeteilt zu werden. Erfreuen Sie sich an dem, was der Herr Ihnen gibt, aber überlegen Sie sich auch gut, mit wem Sie wie viel davon teilen wollen bzw. sollten. Hiskia standen gewaltige finanzielle Mittel zur Verfügung, über die er sich freuen durfte. Aber musste er den Gesandten von Babel wirklich alles davon zeigen? Hätte es nicht gereicht, wenn er ihnen erklärt hätte, dass er und seine Söhne sich keine Sorgen über die Mittel zur Verwaltung des Reiches Juda machen mussten? Auch wenn Hiskia nicht protzen wollte, war es falsch, alles, was der Herr ihm gegeben hatte, öffentlich zur Schau zu stellen. Das war einfach unpassend und unangebracht, zumal er es Unbekannten aus einer fremden, Gott nicht nahe stehenden Nation zeigte – wie wenn er Kostbarkeiten umherstreunenden Strassenkötern hingeworfen hätte.

Der Herr Jesus erweist sich wieder einmal mehr als vollkommenes Vorbild. Ihm stand die gesamte Macht Gottes zur Verfügung. Trotzdem hat Er nicht ein Wunder vollbracht, das nicht unmittelbar dazu gedient hätte, einer Not eines Menschen zu begegnen. Auf der Hochzeit zu Kana hat Er nicht einfach Wasser zu Wein verwandelt, um zu zeigen, dass Er das konnte. Nein, es war Not am Mann; der Wein war unversehens zu Ende gegangen. Dieser Not begegnete Er mit dem ersten öffentlichen Wunder. Seine Herrlichkeit offenbarte Er nur drei Personen – Petrus, Johannes und Jakobus. Der Allgemeinheit zeigte Er sich ausschliesslich im Leib der Niedrigkeit. Natürlich war Ihm jede Form von Protzerei fern. Er teilte aber – darüber hinaus gehend – auch nicht allen alles mit, was Er vom Vater erhalten hatte. Gegenüber der Allgemeinheit war Er stets zurückhaltend. Niemand erfuhr die innigsten Geheimnisse zwischen Ihm und dem Vater. Auch bezüglich der Kommunikation verhielt Er sich also als vollkommen treuer und weiser Verwalter. Wir sollten es Ihm gleich tun und nicht wie Hiskia einfach alles in der Öffentlichkeit breit treten.

Es benötigt allerdings viel Weisheit, gegen aussen einerseits nicht zu viel preis zu geben und andererseits nicht gekünstelt frömmlerisch aufzutreten. Hier benötigen wir die Leitung des Herrn. Wir dürfen gewisse Freuden weiter geben und müssen nicht ständig ernst und ruhig sein, aber es gilt ein gewisses Mass zu beachten, das nicht allgemein gültig beschrieben werden kann. Als Richtlinie können wohl die Weisheiten aus den Sprüchen und den Psalmen dienen, wo es unter anderem heisst: 19 Bei der Menge der Worte fehlt Übertretung nicht; wer aber seine Lippen zurückhält, ist einsichtsvoll Spr 10, 19; 3 Setze, Herr, meinem Mund eine Wache, behüte die Tür meiner Lippen! Ps 141, 3. Bedenken wir gerade auch im Umgang mit Nichtchristen: Zwischen ihnen und Gott ist überhaupt nichts in Ordnung. Ein riesiger Berg von Sünden steht zwischen ihnen und Gott – weshalb sie auf die ewige Verdammnis zugehen. Es kann bereits heute zu spät für sie sein: Sie können unvermittelt sterben oder der Herr kehrt zurück, um die Seinen zu holen. Wäre es nicht unangebracht, wenn wir ihnen eben noch davon erzählt hätte, was der Herr uns zum Beispiel in materieller Hinsicht Gutes getan hat, und sie nun plötzlich keine Chance mehr haben, vor Gott in Ordnung zu kommen? Das wäre nicht besser, als mit ihnen über dämliche Witze zu lachen und so den Eindruck zu vermitteln, die Lage sei nicht ernst. Wir haben einen wichtigen Auftrag: Die Menschen zur Umkehr aufzurufen, bevor es zu spät ist. Vermitteln wir ihnen den Eindruck, die Lage sei nicht oder noch nicht so ernst, sabotieren wir unsere eigene Arbeit. Liebe Leser, hüten Sie deshalb bitte Ihre Zunge! Wägen Sie wohl ab, welche Kostbarkeiten Sie mit wem teilen wollen, wer der richtige Zuhörer und was der richtige Augenblick ist. Präsentieren Sie nicht einfach jedem Dahergelaufenen jedes einzelne Schatzstück, wie es Hiskia getan hat! Amen.