Jesus Christus ist der Herr! Phil 2, 11

Priesterdienst

Die Weissagung Jakobs

In Bezug auf die zwölf Söhne Jakobs – dem vom Herrn der Ehrennahme Israel verliehen wurde (1. Mose 32, 29) – bzw. die zwölf Stämme Israels finden wir in den Büchern Moses zwei verschiedene Segenssprüche: Einmal wurden die zwölf Söhne von ihrem Vater direkt gesegnet (1. Mose 49), einmal die zwölf Stämme von Mose (5. Mose 33). In allgemeiner Hinsicht weissagte Jakob eher in Bezug auf die zwölf Männer, die zu den Häuptern der entsprechenden Stämme wurden, und dabei eher bezogen auf deren Charakter von Natur aus; Mose dagegen weissagte eher in Bezug auf die zwölf Stämme, wobei mehr die Gnade und Barmherzigkeit Gottes im Vordergrund stand, also, welche Gedanken der Herr in Bezug auf die Stämme hegte, wohin Er sie bringen wollte.

Was Levi betrifft, so traf ihn – zusammen mit Simeon – aus dem Munde Jakobs Fluch statt Segen:

5 Simeon und Levi sind Brüder, Werkzeuge der Gewalttat ihre Waffen. 6 Meine Seele komme nicht in ihren geheimen Rat, meine Ehre vereinige sich nicht mit ihrer Versammlung! Denn in ihrem Zorn haben sie den Mann erschlagen und in ihrem Mutwillen den Stier gelähmt. 7 Verflucht sei ihr Zorn, denn er war gewalttätig, und ihr Grimm, denn er war grausam! Ich werde sie verteilen in Jakob und sie zerstreuen in Israel. 1. Mose 49, 5–7

Weshalb diese harten Worte? Die Antwort findet sich in 1. Mose 34: Dina, die Schwester Levis und Simeons, war von Sichem, einem Hewiter, geschändet worden, doch hatte er anschliessend den aufrichtigen Willen geäussert, ihre Ehre wiederherzustellen und sie zu heiraten. Auf seine aufrichtige Frage hin, wie er dafür den Segen der Familie Jakobs erlangen könne, verlangten die Söhne Jakobs die Beschneidung aller Hewiter – nur, um sie anschliessend während des Wundfiebers ausrotten zu können. Simeon und Levi kannten in ihrem Zorn keine Grenzen, sie hatten kein Empfinden für gerechte Sühnung, Wiederherstellung oder Gnade, sondern eiferten in übler Weise. Ja, können solche in den geheimen Rat, in die Nähe Gottes kommen? Ausgeschlossen! Wer seiner fleischlichen Natur freien Lauf lässt, wer in eigener Kraft vollbringen will, was nur die Gnade Gottes vollbringen kann, der ist gänzlich untauglich für die Gemeinschaft Gottes, wo alle Auswüchse der Natur völlig gerichtet und im Tode gehalten werden müssen. Simeon und Levi hatten deshalb ihren Segen verspielt.

Der Segen Moses

Etwas völlig anderes finden wir nun in den Worten Moses in Bezug auf Levi:

8 Und von Levi sprach er: Deine Tummim und deine Urim sind für deinen Frommen, den du versucht hast bei Massa, mit dem du hadertest beim Wasser von Meriba; 9 der von seinem Vater und von seiner Mutter sprach: Ich sehe ihn nicht; und der seine Brüder nicht kannte und von seinen Söhnen nichts wusste. Denn sie haben dein Wort gehalten, und deinen Bund bewahrten sie. 10 Sie werden Jakob deine Rechte lehren, und Israel dein Gesetz; sie werden Weihrauch legen vor deine Nase und Ganzopfer auf deinen Altar. 11 Segne, Herr, sein Vermögen, und das Werk seiner Hände lass dir wohlgefallen; zerschmettere die Lenden derer, die sich gegen ihn erheben, und die seiner Hasser, dass sie nicht mehr aufstehen! 5. Mose 33, 8–11

Kein Vergleich zum Fluch Jakobs! Levi als Lehrer Israels, als Priester, als in allem gesegnet! Wie lässt sich dieser gewaltige Unterschied zum Fluch Jakobs erklären? Nun, einerseits ist zu berücksichtigen, dass der Segen Moses – wie bereits erwähnt – im Gegensatz zur Weissagung Jakobs mehr das Ende aus der Sicht Gottes im Blickpunkt hat, das, wohin der Herr die Stämme bringen wird – und Er wird sie dahin bringen, 29 denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar Röm 11, 29. Doch es war zwischenzeitlich auch etwas ganz Bestimmtes geschehen, auf das insbesondere 5. Mose 33, 9 anspielt – die Leviten hatten sich das Recht, Priester zu sein, durch eine ganz bestimmte Handlung verschafft:

Als Mose vom Herrn das Gesetz auf dem Berg Sinai empfing – das Gesetz, unter das sich zu stellen das Volk Israel selbst begehrt hatte (vgl. 2. Mose 19, 8) –, brach das Volk bereits das erste Gebot, indem es sich eigene Götzen machte und diesen nachhurte (2. Mose 32, 1–25). So schlimm steht es um die menschliche Natur: Sie begehrt, sich selbst zu rechtfertigen, ist aber gleichzeitig keineswegs gewillt, nach dem Willen Gottes zu fragen, und betritt deshalb letztlich Wege, die in den sicheren Tod führen. Wenn solches gar unter denen gekannt wird, die sich zum Namen des Herrn bekennen, dann ist das nur umso schlimmer. Dann ist eine ganz klare Entscheidung für den Herrn gefragt:

26 Und Mose stellte sich im Tor des Lagers auf und sprach: Her zu mir, wer für den Herrn ist! Und es versammelten sich zu ihm alle Söhne Levis. 27 Und er sprach zu ihnen: So spricht der Herr, der Gott Israels: Legt jeder sein Schwert an seine Hüfte, geht hin und her, von Tor zu Tor im Lager, und erschlagt jeder seinen Bruder und jeder seinen Freund und jeder seinen Nachbarn. 28 Und die Söhne Levis taten nach dem Wort Moses; und vom Volk fielen an diesem Tag etwa dreitausend Mann. 29 Und Mose sprach: Weiht euch heute dem Herrn, ja, jeder in seinem Sohn und in seinem Bruder, um heute Segen auf euch zu bringen. 2. Mose 32, 26–29

Eine sehr schlimme Sache! Die Sünde des Volkes wiegte so schwer, dass der Herr das ganze Volk ausrotten und aus Mose ein neues Volk hervorgehen lassen wollte – sie hatten alles verspielt! Auf die Fürbitte Moses hin erbarmte sich aber der Herr, was aber nicht bedeutet, dass Sünde toleriert wurde. Deshalb wurde das gesamte Volk aufgefordert, sich nun für den Herrn zu entscheiden – wer das nicht wollte, entschied sich gegen Ihn. Dem Ruf Moses folgten aber nur die Leviten – doch wie! Sie wählten lieber für den Herrn zu sein als für ihre Brüder, ihre Freunde und ihre Nachbarn! 37 Wer Vater oder Mutter mehr lieb hat als mich, ist meiner nicht würdig; und wer Sohn oder Tochter mehr lieb hat als mich, ist meiner nicht würdig Mt 10, 37; und: 26 Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater und seine Mutter und seine Frau und seine Kinder und seine Brüder und Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht mein Jünger sein Lk 14, 26.

Wenn es hart auf hart kommt, wenn wir uns zwischen unseren Nächsten und Liebsten auf der einen und dem Herrn auf der anderen Seite entscheiden müssen, dann ist von jedem, der sich Christ nennt, gefordert, sich für den Herrn zu entscheiden. Denn sich in einer solchen Situation für seine Nächsten und Liebsten zu entscheiden, bedeutet gleichzeitig, sich gegen den Herrn zu entscheiden. Eine ernste Tatsache!

Die Leviten wählten das gute Teil: Sie entschieden sich für den Herrn – auch wenn das bedeutete, sich gegen Brüder, Freunde und Nachbarn zu entscheiden. Damit, mit dieser Entscheidung, sicherten sie sich eine ganz herausragende Stellung unter den Israeliten: Sie wurden zum Dienst am Heiligtum abberufen, und aus ihnen gingen die Priester und Hohenpriester hervor. Welch Segnung!

Das Wesen des Priesterdienstes

Was nun zeichnet Priester aus? Nun, das hervorragendste Merkmal ist die innige Gemeinschaft zu Gott: Das Volk Israel sollte ein Volk von Priestern sein (2. Mose 19, 6), alle Christen sind Priester (1. Petr 2, 5. 9; Offb 1, 6). Dem Volk Israel konnte das allgemeine Priestertum infolge ihrer Unterstellung unter das Gesetz nicht zuteil werden, den Christen ist es voll zuteil geworden. Priester zu sein, bedeutet sodann auch, einen Priesterdienst auszuüben: 1 Denn jeder aus Menschen genommene Hohepriester wird für Menschen bestellt in den Sachen mit Gott, damit er sowohl Gaben als auch Schlachtopfer für Sünden darbringe; 2 der Nachsicht zu haben vermag mit den Unwissenden und Irrenden, da auch er selbst mit Schwachheit behaftet ist Hebr 5, 1. 2; ein Priester verwendet sich also vor Gott für die andern Menschen, wovon die Schlachtopfer für Sünden sprechen. Sehr schön ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass Aaron, der erste Hohepriester, bei seinem Dienst im Heiligtum ein Brustschild mit den Namen der zwölf Stämme Israels tragen sollte (2. Mose 28, 15–21) – ein Bild dafür, wie der Priester die andern Menschen vor Gott bringt, wie er sich im Gebet für sie vor Gott verwendet. Der vollkommene Priester für alle, die sich durch Ihn Gott nahen, ist der Herr Jesus, der allezeit lebt, um sich für sie zu verwenden Hebr 7, 25.

Die Entscheidung der Leviten in der Sache mit dem goldenen Kalb zeigt nun die Kehrseite des Priesterdienstes: Um sich vor Gott völlig für andere Menschen einsetzen zu können, ist es nötig, sich vor Menschen völlig für Gott einzusetzen. Man kann sich nicht entschieden vor Gott für Menschen verwenden, wenn man nicht vor Menschen entschieden für den Herrn ist.

Was für erbärmliche Priester hätten denn auch die Israeliten abgegeben, die sich lieber eigene Götzen machten statt auf den Herrn zu harren! Wie hätte Er Seinen Arm auf ihr Gebet hin bewegen sollen? Das wäre ganz und gar unpassend und nicht mit Seiner Natur zu vereinbaren gewesen. Also gilt auch uns Christen: Leben wir unser Leben entschieden für den Herrn, um Ihm als Priester in einer Ihm wohlgefälligen Weise dienen und uns so für unsere Nächsten und Liebsten vor Ihm verwenden zu können!

Nochmals: Die Weissagung Jakobs

Noch ein letztes Wort zur Weissagung Jakobs. Levi hatte sich den Segen verspielt, wie wir gesehen haben. Seine Nachkommen aber, die Leviten, konnten – durch die Gnade Gottes, soviel ist sicher – den Fluch in Segen verwandeln, indem sie wiederum eiferten, dieses Mal aber in rechter, dem Herrn wohlgefälliger Weise. Das ist eine grosse Ermutigung für alle, die auf dem Weg unterwegs sind: Wenn wir straucheln, uns in einer Sache falsch entscheiden, dann muss das nicht bedeuten, dass wir den Weg abbrechen und aufgeben müssen; der Herr kann uns in Seiner unermesslichen Gnade die Gelegenheit geben, uns in einer ähnlichen Sache nochmals richtig zu entscheiden, unseren Fehler so gesehen zu korrigieren. Auch Abraham, der während einer Hungersnot nach Ägypten flüchtete und sich dort so gar nicht wie ein Gläubiger verhielt, bekam die Gelegenheit, wieder an den Ort zurückzukehren, von wo aus er vom Weg abgekommen war. Er hatte die Zwischenzeit «verloren», war nicht weiter gekommen, aber er durfte wenigstens von dort aus weiterfahren, wo er vom Weg abgewichen war (1. Mose 13, 3. 4). Solange wir hier auf Erden sind, besteht die Möglichkeit, zu Gott umzukehren, den Weg (wieder) zu betreten, von dem wir vielleicht abgewichen sind. Suchen wir Ihn heute noch, solange wir diese Möglichkeit haben!

Damit ist aber, wie bereits angetönt, nicht gesagt, dass unsere Fehltritte folgenlos bleiben werden. Interessanterweise wurde nämlich in der Geschichte der Leviten gerade dadurch, dass sie gesegnet und zu Priestern auserwählt wurden, auch der Fluch Jakobs erfüllt: Sie wurden unter Israel zerstreut, ohne eigenes Erbteil. Gewiss kein allzu grosser Verlust, wenn es heisst: 9 Darum erhielt Levi weder Teil noch Erbe mit seinen Brüdern; der Herr ist sein Erbteil, so wie der Herr, dein Gott, zu ihm geredet hat 5. Mose 10, 9. Aber es ist doch beachtenswert, dass damit die Folgen des bösen Handelns Levis eintrafen. Wir wollen uns also hüten, leichtfertig mit der Gnade Gottes zu rechnen und mit dem Feuer zu spielen. Meiden wir alles, was nicht mit Seinem Willen vereinbar ist, stehen wir entschieden für Ihn ein vor den Menschen, verwenden wir uns als wahre Priester vor Ihm für unsere Nächsten! Amen.