Vollkommenes Mitleid
Der Herr als ewig und vollkommen
Der Herr als Schöpfer und Gott dieser Welt, des Universums und alles, was existiert, ist selbst weder den Gesetzen der Zeit unterworfen – Er kennt keinen Anfang und kein Ende –, noch gab es je eine Veränderung bei Ihm: Er ist der Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung ist noch der Schatten eines Wechsels
Jak 1, 17. Es fällt uns als Wesen, die den Gesetzen der Zeit unterworfen sind, geboren werden, älter werden und zuletzt sterben und in all dem stetige Veränderungen durchleben, äusserst schwer, uns das vorzustellen, aber es ist eine Tatsache, dass Gott schon immer war und immer sein wird, und dass Er stets gleichermassen vollkommen war, ist und sein wird, ohne Schatten eines Wechsels
.
Der Herr Jesus wird zu Beginn des Briefes an die Hebräer gewissermassen als in diesen Tatsachen eingeschlossen vorgestellt:
1 Nachdem Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in den Propheten, 2 hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet im Sohn, den er gesetzt hat zum Erben aller Dinge, durch den er auch die Welten gemacht hat; 3 welcher, die Ausstrahlung seiner Herrlichkeit und der Abdruck seines Wesens seiend und alle Dinge durch das Wort seiner Macht tragend … Hebr 1, 1
Andere Stellen, wie etwa Kol 1, 15–17, belegen diese Tatsachen. Der Herr Jesus ist der ewige Sohn Gottes, Er war es schon immer und wird es immer sein, durch Ihn wurden die Welten gemacht, und Er ist nicht nur die Ausstrahlung der Herrlichkeit Gottes, sondern auch der Abdruck Seines Wesens. Beachten wir, dass der Ausdruck Abdruck seines Wesens
sehr viel weiter geht, als der Ausdruck Ausstrahlung seiner Herrlichkeit
: Der Herr Jesus widerspiegelt nicht nur die Herrlichkeit Gottes, wie beispielsweise der Mond das Licht der Sonne widerspiegelt, sondern Er ist auch durch und durch, bis ins Innerste, in völligem Einklang mit dem Wesen Gottes, Ihm gleichsam durch alle Schichten hindurch vollkommen entsprechend. Das alles galt schon immer und wird immer gelten, weshalb uns diese Tatsachen auch in einer Zeitform mitgeteilt werden, die quasi ausserhalb der Zeit steht (Partizip Präsens; so genannte infinite Verbform). Es gibt weitere schöne Stellen im Wort Gottes, die diese Tatsachen ebenfalls zum Ausdruck bringen, denken wir nur etwa an den Bundesnamen, den der Herr sich gegenüber Israel gegeben hat: JHVH (Ich bin, der Ich bin
; vgl. 2. Mose 3, 14), oder an die tiefgründige Aussage des Herrn Jesus: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham wurde, bin ich
Joh 8, 58.
Das alles schliesst unter anderem auch mit ein, dass der Herr vollkommenes Mitleid zu haben vermag. Denn wenn alles Gute von Ihm kommt (Jak 1, 17) und wenn Er vollkommen ist, dann ist auch Sein Mitleid vollkommen. Es kann gar nicht anders sein. Wenn wir also in unserer Not jemanden suchen, der völlig mit uns mitfühlen kann, der vollkommenes Mitleid mit uns hat, dann müssen wir uns an Gott selbst wenden, denn niemand kann so vollkommen mitfühlen, wie Er es kann. Niemand sieht unsere Not und unseren Schmerz besser als Er, niemand kann reiner mitfühlen. Aber das ist nicht alles, denn selbstverständlich ist auch Seine Macht vollkommen, vermag Er alles zu tun mit dem, was Er selbst erschaffen hat. 14 Wenn er sein Herz nur auf sich selbst richtete, seinen Geist und seinen Odem an sich zurückzöge, 15 so würde alles Fleisch insgesamt verscheiden und der Mensch zum Staub zurückkehren
Hiob 34, 14. 15. Ja, Armeen mögen mit allen Waffen gegen einen Gottesfürchtigen heranziehen – wenn Gott will, werden alle Angreifer im Bruchteil einer Sekunde zu Staub. Als beispielsweise der König von Syrien mit seinem ganzen Heer gegen die Stadt zog, in der sich der Prophet Elisa aufhielt, vermochten sie Elisa nicht ein Haar zu krümmen, obwohl sie die Stadt völlig umringten. Denn sie selbst wurden umringt; der Berg war voll feuriger Pferde und Wagen, rings um Elisa her
2. Kön 6, 17. Dann wurde das ganze Heer mit Blindheit geschlagen, von Elisa selbst (welch Ironie!) nach Samaria geführt und dann nicht etwa getötet, sondern mit Essen und Trinken versorgt und so völlig beschämt. Und wenn am Ende der Tage sämtliche Armeen der ganzen Welt vereint gegen die Stadt Gottes ziehen werden, wird der Herr einfach Feuer vom Himmel regnen lassen, das alle verzehrt (Offb 20, 9). Ein Kampf wird gar nicht nötig sein. Aber nicht nur das; der Herr vermag nicht nur souverän mit den Menschen zu handeln, auch die Umstände kann Er natürlich beeinflussen, wie Er will. Auch so gesehen ist der Herr also die richtige Anlaufstelle in der Not.
Der Herr als Mensch
Das alles hilft uns manchmal allerdings nicht weiter. In Seiner Vollkommenheit mag uns der Herr manchmal unerreichbar und damit auch unnahbar erscheinen. Wir bejahen vielleicht die Tatsache, dass der Herr vollkommenes Mitleid haben kann, aber unser Herz bleibt ungerührt und ungetröstet, weil die unmittelbare, greifbare Hilfe fehlt. Wenn wir wie Gideon im Geheimen dreschen müssen, weil Feinde das Land beherrschen und wir nur so etwas Nahrung für uns behalten können, dann hilft es uns unter Umständen nichts, wenn ein Engel des Herrn erscheint und zu uns spricht: Der Herr ist mit dir, du tapferer Held!
Ri 6, 12. Selbst wenn wir in dem Moment wüssten, dass der Herr mit uns ist und das alles zu unserem Besten mitdient (Röm 8, 28), eine Hilfe in der konkreten Situation wäre uns das nicht. Wie viel lieber würden wir uns in dem Moment doch einen Freund wünschen, der unsere Nöte kennt, weil er vielleicht schon Ähnliches erlebt hat, der mit uns mittrauert und uns hilft, so gut er kann. Lieber also einen unvollkommenen Freund in der Nähe als einen vollkommenen Helfer in gefühlter Ferne.
Wie erfrischend ist es da doch für das Herz zu wissen, dass der Herr nicht nur in seiner Eigenschaft als ewiger, vollkommener Gott völliges Mitgefühl für uns empfinden kann, sondern selbst Mensch geworden ist und gelitten hat! Er war als Mensch hier auf Erden, wie wir es jetzt sind, bedrängt, versucht und in Not. Vielleicht halten wir das für keine grosse Sache, denken, das sei eine weitere Tat gewesen, zu der der Herr ohne Weiteres in der Lage war, da Ihm sämtliche Macht zur Verfügung stand. Wenn wir aber genau betrachten, wie es sich mit Seiner Menschwerdung verhielt, werden wir feststellen, dass dies keine «Kleinigkeit» war, denn der Herr verzichtete auf alle göttlichen Hilfsmittel. Er kam als kleines, hilfloses Kind zur Welt, wie wir zur Welt kamen. Als Er in der Wüste versucht wurde, hungerte Ihn, und Er gebrauchte nichts anderes als Hilfsmittel gegen die Versuchung durch den Teufel als nur das Wort Gottes. Als die letzte Prüfung, die grösste Aufgabe, die Kreuzigung unmittelbar bevorstand, da flehte Er zum Vater in den Himmeln, dass dieser Kelch an Ihm vorübergehen möchte, und Sein Schweiss fiel wie Blutstropfen zur Erde. Wahrlich, Er ging Seinen Weg in menschlicher Schwachheit. Er war nicht wie ein Krieger, der gewohnt ist, gegen zehn Feinde aufs Mal zu kämpfen, und nun gegen einen schwachen Feind kämpfen muss. Er hätte zwar im Garten Gethsemane durchaus zwölf Legionen Engel herbei rufen und Seine Bedränger zu Staub machen können, aber Er verzichtete völlig auf solche Hilfsmittel. Er übernahm nicht als Starker die Aufgabe eines Schwachen, sondern Er wurde wie der Schwache und erfüllte die Aufgabe als Schwacher. Begreifen wir, was das heisst? Er wurde völlig so, wie wir sind – ausgenommen die Sünde –, und durchlebte alle Not und alles Leid so, wie wir es durchleben. Er hat nicht einfach nur dasselbe erlebt, was einige von uns erleben müssen, sondern Er hat es so erlebt, wie wir es erleben, hat so gefühlt, wie wir fühlen, ebenso schwach, ausgeliefert, hilflos und bedrängt wie wir. Seine Hilfsmittel waren nur das Gebet und das Wort Gottes, sonst nichts. Wenn wir etwa zu Unrecht beschuldigt werden und alle glauben, dass es sich so verhält, wie man uns vorwirft, dann dürfen wir wissen, dass dies auch dem Herrn Jesus nicht nur widerfahren ist, sondern dass Er sich als ebenso schwacher Mensch in dieser Situation befand wie wir. Solches ist Ihm nicht nur widerfahren, sondern Er hat es durchlebt und empfunden, wie wir es empfinden. Welch grosse, schier unfassbare Tatsache!
Wenn wir uns also in Not befinden oder uns etwas Schmerz bereitet, dann hat der Herr nicht nur Mitleid mit uns, weil Er als Gott vollkommen und über alle Massen gütig ist, sondern auch, weil Er als Mensch Ähnliches durchgemacht hat und deshalb aus tiefstem Herzen nachempfinden kann, wie wir uns fühlen. Er ist nicht nur der entfernte, vollkommene Helfer, sondern auch der nahe Freund, jener, der völlig mitfühlen kann, weil Er dasselbe schon einmal durchlebt hat. Welch Hilfe kann Er uns dadurch sein! Ist es nicht schlimm, wenn wir das Gefühl haben, wir seien die Einzigen auf der ganzen Welt, die eben das durchleiden müssen, was wir gerade durchleiden? Wäre es in einer solchen Situation nicht der beste Trost, wenn jemand sich zu uns setzen und uns sagen würde, dass er genau dasselbe durchgemacht (und überstanden) hat? Niemand kann so gut trösten wie jemand, der aus eigener Erfahrung weiss, was man gerade durchmacht. Wie schön, dass der Herr uns solchen Trost anbieten kann!
Der Herr als «Schüler»
Eine Besonderheit soll das Gesagte unterstreichen. Im Brief an die Hebräer, in dem uns der Herr Jesus als in vielerlei Hinsicht sehr viel herrlicher als das alte israelitische System vorgestellt wird, findet sich eine äusserst eindrückliche Stelle:
7 Der in den Tagen seines Fleisches, da er sowohl Bitten als Flehen dem, der ihn aus dem Tod zu erretten vermochte, mit starkem Schreien und Tränen dargebracht hat (und wegen seiner Frömmigkeit erhört worden ist), 8 obwohl er Sohn war, an dem, was er litt, den Gehorsam lernte; 9 und, vollendet worden, ist er allen, die ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heils geworden. Hebr 5, 7–9
Hier betreten wir heiligen Boden. Was uns hier über den Herrn Jesus offenbart wird, ist so eindrücklich und in gewisser Weise auch intim, dass grundsätzlich jede Form menschlicher Kommentierung nur Schaden anrichten kann. Da wird uns etwas vorgestellt, dass so schön und erhaben ist, dass jedes menschliche beschreibende Wort dazu die Schönheit nur mindern kann. Lieber Leser, liebe Leserin, nimm dir bitte einen Moment Zeit, um diese Stelle auf dich wirken zu lassen, bevor du meine kümmerlichen Gedanken dazu liest!
Um aufzeigen zu können, wie vollkommen das Mitleid des Herrn ist, kann ich leider nicht darauf verzichten, obige Stelle hier anzuführen und einige Gedanken dazu festzuhalten. In Hebr 5, 7 sehen wir nämlich, wie echt der Herr gelitten hat. Da waren Tränen, starkes Schreien, Bitten und Flehen – Dinge, die einige von uns vielleicht nur vom Hörensagen kennen. Die Not, die der Herr gefühlt hat, war absolut echt, und Er hat sie zutiefst empfunden. In Gethsemane hat Er den Vater in den Himmeln unter Tränen und Schweiss angefleht, den Kelch an Ihm vorübergehen zu lassen. Das war keine oberflächliche Bitte, sondern Flehen aus tiefster Not und Angst heraus. Als Mensch hätte Er alles gegeben, alles, nur, um den Kelch nicht trinken zu müssen. Das war eine Not, wie sie die meisten von uns mit Sicherheit noch nie auch nur ansatzweise empfunden haben. Geliebter Heiland! Trotzdem unterwarf Er sich dem Willen des Vaters! Das, was Er um jeden Preis vermeiden wollte – Er hat es auf sich genommen! Welch überragende Herrlichkeit Seines Wesens!
Die beiden folgenden Verse (Hebr 5, 8. 9) sind aber fast noch eindrücklicher: Da heisst es, dass der Herr Jesus den Gehorsam lernte, und dass Er vollendet worden ist. Wie kann das sein? War Er nicht von alters vollkommen und gehorsam? Wird Er es nicht bis in alle Ewigkeit sein? Als Gott, ja. Auch als Mensch war der Herr Jesus stets ohne Sünde und damit selbstverständlich auch beispielsweise Seinem Vater in den Himmeln wie auch Seinen leiblichen Eltern gegenüber gehorsam. Es gab im Leben des Herrn Jesus hienieden keine Entwicklung in dem Sinne, als Er erst mit zunehmendem Alter sündlos und gehorsam geworden wäre. Nein, Er war es auch als Mensch von Anfang an. Aber der Gehorsam war Ihm nicht einfach in die Wiege gelegt, so, dass es Ihn gleichsam keinerlei Anstrengung gekostet hätte, gehorsam zu sein. Gehorsam zu sein war auch für den Herrn Jesus nicht eine Fähigkeit, die Er von Anfang an hatte, wie etwa die Fähigkeit zu atmen. Er war nicht «automatisch» gehorsam, wie wir «automatisch» atmen, sondern gehorsam zu sein war eine ständig neu getroffene, bewusste Entscheidung. Als Er sich beispielsweise in der Wüste nicht versuchen liess, da entschied Er sich bewusst dafür, dem Vater in den Himmeln zu gehorchen. Sein Gehorsam war nicht einfach logische Folge, sondern eine Entscheidung von Seiner Seite. Es fiel Ihm auch nicht immer leicht zu gehorchen. Das eindrücklichste, bereits erwähnte Beispiel ist der Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes, Ihn am Kreuz unsere Schuld sühnen zu lassen. Diesem Befehl zu gehorchen, kostete Ihn äusserst, ja unermesslich viel. Aber auch bereits in der Wüste, als Er versucht wurde, litt Er. Ihn hungerte, als der Teufel Ihn aufforderte, aus Steinen Brot zu machen, aber Er zog es vor, weiter zu hungern und dem Teufel keinen Raum zu geben. Diese Entscheidung zum Gehorsam war für Ihn mit Leiden verbunden, wie viele andere Entscheidungen auch. Deshalb heisst es in Hebr 5, 8, dass er an dem, was Er litt, Gehorsam lernte, und in Hebr 5, 9, dass Er vollendet wurde. Das alles bestätigt in herzergreifender Weise, dass der Herr Jesus wirklich Leid, Not und Schmerz erfahren und durchlebt hat, als Mensch, als Schwacher, nicht als Starker. Wie anbetungswürdig ist doch unser Heiland, 6 der, da er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, 7 sondern sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und, in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden
Phil 2, 6. 7.
Der Herr als Verlassener
Vielleicht gibt es einige, die nun denken, dass dem Herrn ja nicht alles denkbare Leid auf dieser Erde widerfahren ist. Gewisse Verbrechen blieben Ihm ja erspart, die einigen von uns widerfahren sind. Das mag zwar so sein, doch ist das letztlich nicht von Belang. Ob jemand genau dies und das durchlitten hat oder «nur» etwas Ähnliches oder gar «nur» etwas ähnlich Schlimmes, spielt keine wesentliche Rolle, wenn es darum geht, ob er uns in einer schwierigen Situation ein guter Tröster sein kann. Davon abgesehen hat der Herr Jesus aber unendlich viel Schwereres durchlitten als wir je durchleiden werden müssen.
Die Qualen der Kreuzigung inklusive Folter, Spott und Schmähung – und das alles völlig widerrechtlich! – werden den meisten von uns ebenso erspart bleiben wie beispielsweise die Enthauptung unseres Weggefährten (Johannes der Täufer). Im Film «Die Passion Christi» werden uns die Qualen der Kreuzigung in schrecklichsten Bildern vorgestellt, und es gibt wohl nicht viele, die darob völlig unberührt bleiben. Aber das war nicht das Schlimmste, das der Herr Jesus durchlitten hat. Es gab noch etwas viel Schlimmeres, das mit Sicherheit allen Menschen zu allen Zeiten erspart geblieben ist und erspart bleiben wird:
2 Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bist fern von meiner Rettung, den Worten meines Gestöhns? Ps 22, 2
In der ganzen Geschichte der Menschheit ist es nie vorgekommen und wird es nie vorkommen, dass ein Gerechter von Gott verlassen wird. In Ps 37, 25 heisst es beispielsweise: 25 Ich war jung und bin auch alt geworden, und nie sah ich den Gerechten verlassen, noch seine Nachkommenschaft um Brot bitten
Ps 37, 25. Was immer wir auch durchleiden, wir werden nie allein und von Gott verlassen sein. Es wird immer einen Grund zur Hoffnung geben, wir dürfen immer auf Seinen Beistand und Seine Nähe zählen. Ja, wir haben ja nun gesehen, dass Er selbst tiefstes Leid durchlitten hat und uns dadurch ein noch besserer Tröster geworden ist! Nie, gar nie wird Gott jemanden verlassen, der an Ihn glaubt; nie, gar nie wird Gott jemanden in der Not im Stich lassen; nie, gar nie wird Gott jemanden enttäuschen, der Ihn um Hilfe anruft! Das gibt es nicht bei Gott. Stellen wir uns auch nur vor, wie schrecklich das wäre: Im finstersten Tal, im Tal der Todesschatten, völlig alleine, ohne den kleinsten Grund zur Hoffnung, ohne Beistand, ohne irgendetwas als nur Verzweiflung und Auswegslosigkeit – was kann es Schlimmeres geben?
Aber der Herr Jesus musste das durchleiden. Er wurde völlig von Gott verlassen, und das, obwohl Er zeitlebens gehorsam und gerecht gewesen war. Sein berechtigtes Vertrauen auf Gott wurde völlig enttäuscht, und er musste erfahren, was jedem anderen Menschen mit absoluter Sicherheit erspart bleiben wird. Was es sonst nicht gibt, nämlich, dass der Gerechte von Gott verlassen wird, ist Ihm widerfahren. Er, der Sein ganzes Leben innigste Gemeinschaft mit dem Vater in den Himmeln gehabt hatte, der alles gegeben hätte, um nicht ans Kreuz zu müssen, und sich trotzdem dem Willen des Vaters unterworfen und Schreckliches durchlitten hatte – Er wurde von Gott verlassen, in tiefster Not alleine gelassen. Was muss das für Ihn gewesen sein?
Mehr muss dazu wohl nicht geschrieben werden. Der Herr Jesus hat unendlich viel tieferen Schmerz, unendlich viel tiefere Not durchlitten als jeder Andere. Keine Not, kein Leid, kein Schmerz ist annähernd so schlimm, und deshalb gilt: Was immer wir auch durchleiden müssen – der Herr Jesus kann aufgrund eigener Erfahrung vollkommenes Mitleid mit uns haben. Herrlicher, anbetungswürdiger Beistand!