Jesus Christus ist der Herr! Phil 2, 11

Zeichen

Gottes Leitung im Alltag

Wer zum lebendigen Glauben an den Herrn Jesus gekommen ist, der hat unter anderem Abschied von einem selbstbestimmten Leben genommen, hat eingesehen, dass ein Wandel nach eigenem Gutdünken nicht nach Gottes Willen ist und am Ende in den Tod führen wird (Spr 14, 12; Spr 16, 25). Ein solcher will sich der Leitung Gottes anvertrauen, will, dass Er ihn durch den Alltag, durch das Leben leitet, ihn führt.

In Ps 37 heisst es: 5 Befiehl dem Herrn deinen Weg und vertraue auf ihn, und er wird handeln! 7 Vertraue still dem Herrn und harre auf ihn! Ps 37, 5. 7. Jeder aufrichtige Gläubige wird dies umsetzen wollen, doch die Frage ist: Wie erfahren wir Gottes Leitung im Alltag? Welche Mittel gebraucht Er, um uns zu führen?

Die Antwort ist zunächst einfach: Der Herr leitet uns durch Seinen Geist, wie geschrieben steht: 13 Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht von sich selbst aus reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen Joh 16, 13, und: 14 Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, diese sind Söhne Gottes Röm 8, 14. Doch wie haben wir uns diese Leitung durch den Geist Gottes ganz konkret vorzustellen?

Nun, zunächst einmal geht aus Joh 16, 13 hervor, dass Er nicht von sich selbst aus spricht, sondern, was Er hört. Ähnlich heisst es in Joh 16, 14: 14Er wird mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen. Wie es nicht anders sein kann, weil der Vater, der Sohn und der Heilige Geist eins sind, wird der Heilige Geist nicht etwas anderes reden als der Vater oder der Herr Jesus reden würden. Das bedeutet auch, dass Er nichts anderes reden wird als in der Bibel festgehalten ist, denn: 16 Alle Schrift ist von Gott eingegeben. 2. Tim 3, 16

So haben wir uns also zunächst an das geschriebene Wort Gottes, an die Bibel, zu halten. Darin finden wir wichtige Grundsätze, anhand derer wir in vielen Situationen die richtige Entscheidung treffen können. Die Bibel gibt uns gewissermassen den Rahmen vor, innerhalb dessen wir uns zu bewegen haben. Es wird niemals geschehen, dass der Heilige Geist uns etwas sagt, das im Widerspruch zur Bibel steht.

Dabei sollen wir uns aber davor hüten, das Gesetz (wieder) einzuführen. Denn es ist dem Christen – im Gegensatz zum Israeliten – nicht gesagt: «Tu dies!» oder: «Lass das!» Vielmehr geht es darum, anhand der Bibel zu erforschen, was Gott wohlgefällig ist und was nicht, was Sein Herz erfreut und was nicht (Röm 12, 2). Der Christ fragt nicht: «Darf ich dies?» oder: «Ist mir jenes erlaubt?», sondern: «Erfreut es Dich, wenn ich dies tue?» oder: «Was willst Du, dass ich an meinem freien Abend tue?» Erkennen wir den Unterschied zwischen den beiden Arten von Fragen? Die ersteren sind Ausdruck einer im gewissen Sinne egoistischen Herzenshaltung, denn es geht dabei nur darum, sich selbst Lohn zu sichern bzw. vor Strafe zu bewahren, und dabei zu tun und zu lassen, was – innerhalb dieses Rahmens – toleriert wird. Die letzteren sind Ausdruck einer Herzenshaltung, die echt an Gott als Gegenüber interessiert ist. Nicht Gesetzesgehorsam steht dabei im Vordergrund, sondern Gemeinschaft mit Ihm.

Je mehr wir die Bibel mit offenem Herzen studieren und dabei diese «stille Zeit» in dem Sinne nutzen, dass wir den Herrn zu unseren Herzen sprechen lassen wollen, desto mehr werden wir feststellen, wie viele Fragen wir anhand biblischer Grundsätze beantworten können. Es ist wahrlich erstaunlich, für wie viele unterschiedliche Situationen wir in der Bibel eine Anweisung finden können! Gepriesen sei der Herr für Sein kostbares Wort!

So, wie wir dem Himmlischen Vater unser Herz im Gebet öffnen, so öffnet Er uns Sein Herz durch das Bibelstudium; Er benutzt Sein geschriebenes Wort, um zu uns zu sprechen. Die rechte Antwort auf solches Sprechen ist Gehorsam. So werden wir auch feststellen, dass unser Verständnis nicht mit zunehmenden Informationen wächst, sondern mit zunehmendem Gehorsam in den Dingen, die wir bereits verstanden haben.

Leitung durch den Geist

Doch nicht auf alle Fragen finden wir in der Bibel eine eindeutige Antwort. Sind wir in einer gewissen Frage oder Situation vor eine Wahl gestellt, so bleibt nach Prüfung der Alternativen anhand biblischer Kriterien nicht immer lediglich noch eine übrig, sondern manchmal halt eben zwei oder noch mehr. Wie sollen wir dann wählen?

Die Antwort ist wiederum: Durch die Leitung des Geistes. Es gibt nur eine richtige Vorgehensweise, und das ist, sich direkt an den Herrn zu wenden, Ihn zu fragen und auf eine Antwort von Ihm zu harren. Das ist einerseits demütigend für uns, denn es läuft jeglichem – so tief in uns verwurzelten – Streben nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung zuwider. Den Herrn zu fragen bedeutet ja gerade, nicht selbst nach eigenem Gutdünken zu entscheiden, sondern sich von Seiner Antwort und Leitung abhängig zu machen. Doch erkennen wir, dass damit andererseits auch ein überaus grosses Vorrecht verbunden ist, ein Vorrecht, das die Gläubigen vor Pfingsten so nicht kannten?

Denn erst an Pfingsten kam der Heilige Geist auf diese Erde, um in jedem einzelnen Gläubigen dauerhaft Wohnung zu nehmen (Apg 2, 1–4). Erst dadurch wurde die Kirche Gottes gegründet (vgl. 1. Kor 12, 13). Ja, erst von den Gläubigen, die zur Kirche gehören, kann gesagt werden, dass sie allezeit mit dem Geist erfüllt sind und durch Ihn geleitet werden. Und durch den Geist steht uns jederzeit und an jedem Ort der Zugang zum Allerheiligsten, zur direkten Gegenwart Gottes offen. Ja, wir dürfen allezeit vor den Thron der Gnade treten, uns in Seine Gegenwart begeben und Ihn suchen. Was für ein herrliches Vorrecht!

Die Israeliten kannten nichts dergleichen, denn erst musste der Herr Jesus sterben, auferstehen und zur Rechten des Vaters auffahren, bevor der Heilige Geist als Person auf die Erde kommen und in den Gläubigen (dauerhaft) Wohnung nehmen konnte (vgl. Joh 16, 7). So heisst es beispielsweise von Bezaleel, den der Herr ausersehen hatte, das Zelt der Zusammenkunft und die Lade des Zeugnisses und die anderen hochheiligen Dinge zu machen, dass er für dieses Werk mit dem Geist Gottes erfüllt wurde (2. Mose 31, 1–11). Wäre Bezaleel als Angehöriger des Volkes Gottes bereits grundsätzlich mit dem Geist Gottes erfüllt gewesen wie es heute jeder Gläubige ist, hätte der Herr ihm für dieses Werk nicht den Geist geben müssen. So betete auch David: Den Geist deiner Heiligkeit nimm nicht von mir! Ps 51, 13 – von einem Christ hingegen wird der Geist nicht genommen werden, weil Seine Gegenwart keine zeitliche Segnung ist, sondern ewiges Teil im Zusammenhang mit der neuen Geburt.

Deshalb wurden Israel auch beispielsweise die Urim und Tummim, Lose, gegeben, anhand derer sie den Herrn befragen konnten. Auch die Apostel machten vor Pfingsten noch davon Gebrauch (Apg 1, 26). Auch sprach der Herr durch Träume und Propheten (vgl. 1. Sam 28, 6). Das waren alles Hilfsmittel in einer Zeit, in der der Geist Gottes noch nicht beständig in den Gläubigen Wohnung genommen hatte. Nach Pfingsten (Apg 2) lesen wir nichts mehr von Losen oder Träumen, denn der Herr leitete die Gläubigen direkt durch Seinen Geist.

Leitung durch Zeichen

Dieser Unterschied ist auch in Bezug auf die Frage, ob und wie der Herr durch Zeichen leitet, bedeutsam. Eines der wohl bekanntesten Beispiele einer Leitung durch Zeichen ist jenes von Gideon, der den Herrn bat, den ihm gegebenen Auftrag durch zwei Zeichen zu bestätigen:

36 Und Gideon sprach zu Gott: Wenn du Israel durch meine Hand retten willst, so wie du geredet hast – 37 siehe, ich lege ein Woll-Vlies auf die Tenne; wenn Tau auf dem Vlies allein sein wird und auf dem ganzen Boden Trockenheit, so werde ich erkennen, dass du Israel durch meine Hand retten wirst, so wie du geredet hast. 38 Und es geschah so. Und er stand am anderen Morgen früh auf, und er drückte das Vlies aus und presste Tau aus dem Vlies, eine Schale voll Wasser. 39 Und Gideon sprach zu Gott: Dein Zorn entbrenne nicht gegen mich, und ich will nur noch diesmal reden! Lass es mich doch nur noch diesmal mit dem Vlies versuchen: Möge doch Trockenheit sein auf dem Vlies allein, und auf dem ganzen Boden sei Tau. 40 Und Gott tat so in jener Nacht; und es war Trockenheit auf dem Vlies allein, und auf dem ganzen Boden war Tau. Ri 6, 36–40

Gideon fiel es schwer zu glauben, dass Gott gerade durch ihn eine grosse Befreiung des Volkes Israel schenken wollte, weshalb er zögerte, den Auftrag zu tun. Vielleicht hatte er sich ja geirrt, vielleicht hatte er falsch gehört oder etwas gehört, das er lediglich hören wollte? Um sich vergewissern zu können, dass er wirklich recht gehört hatte, und um forsch vorangehen zu können, erbat er sich Zeichen, die ihm der Herr in gnädiger Weise gab. So konnte sich Gideon sicher sein, recht gehört zu haben – in Ri 7 sehen wir, wie er den Auftrag entschlossen ausführte.

Als aber die Schriftgelehrten und die Pharisäer sich ein Zeichen vom Herrn Jesus erbaten, wurde ihnen keins gegeben:

38 Dann antworteten ihm einige der Schriftgelehrten und Pharisäer und sprachen: Lehrer, wir möchten ein Zeichen von dir sehen. 39 Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht begehrt ein Zeichen, und kein Zeichen wird ihm gegeben werden als nur das Zeichen Jonas, des Propheten. Mt 12, 38. 39

Weshalb dieser Unterschied? Wieso wurde Gideon ein Zeichen gegeben, den Schriftgelehrten und Pharisäern aber nicht? Gideon erbat sich ein Zeichen, weil er an sich selbst zweifelte, weil er nicht sicher war, ob er recht gehört hatte. Nachdem ihm der Herr aber in Gnade die erbetenen Zeichen gegeben hatte, ging er forsch und ohne zu zweifeln voran, in völligem Gehorsam gegen Gott. Die Pharisäer aber zweifelten nicht an sich selbst, sondern am Herrn Jesus, an Seiner Sendung und Seiner Autorität, wie sich insbesondere dem Evangelium nach Matthäus klar entnehmen lässt. Sie wollten Ihn nicht annehmen, Ihm Seine Ansprüche streitig machen. Deshalb bezeichnete Er sie als böses und ehebrecherisches Geschlecht.

In Bezug auf Zeichen – aber auch in Bezug auf das Sprechen des Herrn im Allgemeinen – bedeutet das nun nichts anderes, als dass wir den Herrn nicht versuchen können; was Er verbindlich festgelegt hat, ist auch verbindlich, Er wird sich nicht widersprechen. Wie die Pharisäer anhand der Schriften erkennen konnten, dass der Herr Jesus der verheissene Messias war (vgl. Mt 2), und deshalb kein Zeichen hätten erbeten dürfen, dürfen auch wir kein Sprechen in Dingen erbeten, die klar festgelegt sind. Denn es zeugt von nichts anderem als Unglauben, wenn wir den Herrn nach Dingen fragen, die Er uns bereits, beispielsweise in Seinem geschriebenen Wort, mitgeteilt hat. Ihn in solchen Dingen zu fragen, heisst, dem, was Er bereits mitgeteilt hat, nicht folgen zu wollen.

Wenn es aber um etwas geht, das wir nicht sicher wissen können, oder wenn wir in Bezug auf uns selbst Zweifel haben (wie Gideon), dann bedeutet die Bitte um ein Zeichen nicht Misstrauen gegenüber Gott. Wenn wir so gesehen nicht im Unglauben ein Zeichen fordern, ist dies im Grunde zulässig, wie es auch bei Gideon zulässig war. Nur, unsere Situation ist nicht mit der Situation Gideons zu vergleichen, weil uns der Geist Gottes gegeben ist, der in uns beständig Wohnung genommen hat. Wir sind so gesehen nicht auf Zeichen angewiesen, weil wir direkte (direktere) Leitung durch den Geist erfahren können. Ein Zeichen wäre eine Krücke, ein Stock, an dem wir gehen müssten, weil uns unsere Beine nicht genügend tragen würden. Es ist nicht grundsätzlich falsch, in einer schwierigen Situation um ein Zeichen zu bitten, aber es ist nicht der beste Weg, nicht die direkteste Art, sich vom Herrn leiten zu lassen.

Leitung durch Umstände

Dies führt zu einem weiteren Thema. Manchmal erfahren wir die Leitung Gottes durch Umstände oder durch «nicht erbetene Zeichen»: In einer offenen Situation mit mehreren Alternativen fallen durch bestimmte Ereignisse so viele Alternativen weg, dass nur noch eine übrig bleibt, wir also nicht mehr eine eigentliche Entscheidung treffen müssen. Wenn wir zum Beispiel zwei verschiedene Arbeitsstellen antreten könnten, aber nicht wissen, welche die richtigere ist, kann der Herr die Türe zu einer dieser Stellen schliessen, indem wir von dort plötzlich doch noch eine Absage erhalten. Dann ist klar, dass wir die andere Stelle antreten sollen.

Solche Führung darf uns zwar mit Dank erfüllen, dürfen wir doch wissen, dass der Herr mit uns handelt, dass Er uns an der Hand nehmen und auf gutem Weg führen will. Auch die Art und Weise, wie Er dies tut, kann uns mit Dankbarkeit, Lobpreis und Anbetung erfüllen, etwa weil der Herr uns sehr sanft und liebevoll führt oder weil wir erkennen, wie souverän Er alle Dinge lenken kann. Und doch: Auch die Leitung durch Umstände ist nur eine Krücke, der zweitbeste Weg, eine Möglichkeit, uns zu führen, obwohl wir nicht auf den Geist hören können oder wollen. Die erste Wahl, die direkteste Art, uns zu leiten, ist und bleibt die Leitung durch den Geist; Leitung durch Umstände oder auch Zeichen ist niemals gleich direkt und damit nur ein Hilfsmittel.

Unser Streben sollte es deshalb sein, nach der direkten Leitung durch den Geist Gottes zu trachten. Wir sollten darauf bedacht sein, eine so innige Gemeinschaft mit Ihm zu haben, dass wir Seine Stimme hören und von anderen Stimmen unterscheiden können, dass wir weder auf Zeichen noch auf Umstände noch auf andere Hilfsmittel angewiesen sind, um in allen Dingen Seinen Weg gehen zu können. Diese innige Gemeinschaft ist aber nur möglich, wenn wir alles, was diese Gemeinschaft stören könnte, lassen. In der unmittelbaren Gegenwart Gottes haben Sünde und dergleichen nichts zu suchen. Ein Festhalten an Dingen, die nicht Seinem Willen entsprechen, wird uns nur von Ihm trennen, eine Scheidung machen zwischen uns und unserem Gott (Jes 59, 2). Lassen wir also alles Störende ablegen und Sein Angesicht suchen!