Jesus Christus ist der Herr! Phil 2, 11

Die Visionen auf Patmos

Die Offenbarung, die sich selbst als Worte der Weissagung Offb 1, 3 und als eine Schilderung dessen bezeichnet, was nach diesem geschehen wird Offb 1, 19, darf nicht zu eng interpretiert werden. Niemand ist berechtigt, irgendeinem Teil der Offenbarung eine zukünftige Bedeutung abzusprechen. Das Buch ist in seiner Gesamtheit prophetisch. Sogar die sieben Sendschreiben haben jenen etwas zu sagen, die in kommenden Tagen die harten Gerichte zu ertragen haben werden, die dem Ende vorangehen werden, auch wenn die Sendschreiben zweifellos an damals existierende Kirchen adressiert waren und klarerweise einen mittelbaren Bezug zur Geschichte des Christentums enthaltenFussnote.

Im vierten Kapitel ist der Thron im Himmel aufgerichtet. Jetzt wird mit dem Gericht noch in Gnade zugewartet, aber wenn der Tag der Gnade vorbei sein wird, muss das Gericht folgen, bevor die Verheissungen und Bündnisse mit all der Fülle ihrer Segnungen erfüllt werden können. Doch wer kann die Buchrolle öffnen, die auf der offenen Hand Desjenigen liegt, der auf dem Thron sitzt (Offb 5, 2)? Kein geschaffenes Wesen im ganzen UniversumFussnote kann es auch nur wagen, einen Blick darauf zu werfen, und Gott selbst wird nicht ein einziges Siegel aufbrechen, denn der Vater hat das Vorrecht, Gericht zu halten, übergeben. Am Dienst der Gnade können alle teilnehmen, die durch Gnade gesegnet worden sind, aber der Sohn des Menschen ist das einzige Wesen im Universum, das die Initiative im Gericht ergreifen kann (Joh 5, 22–27). Inmitten der Hymnen der himmlischen Wesen um den Thron und dem anschwellenden Chor der Myriaden von Myriaden von Engeln und dem Echo der ganzen Schöpfung Gottes ergreift der Gekreuzigte von Golgatha, ein Lamm, wie geschlachtet Offb 5, 6, das Buch und bereitet sich darauf vor, die Siegel aufzubrechen (Offb 5, 5–14).

Beim fünften Siegel kreuzt die Vision die Linien der Chronologie der ProphetieFussnote. Auf die ersten fünf Siegel muss hier nicht im Detail eingegangen werden. Sie beziehen sich offensichtlich auf die Ereignisse, auf die sich der Herr in Mt 24 bezog und die der grossen finalen Verfolgung vorangehen werden – Kriege und unaufhörliche Gerüchte von Kriegen, bewaffnete Königreiche, die zerstörerisch gegeneinander antreten, Hunger, gefolgt von Pest, Hunger und Schwert, die ihre Opfer fordern, sowie seltsame und namenlose Todesarten in den sich unaufhörlich scharenden Schrecken der kumulierten Wehen (Offb 6, 2–8).

Gemäss Mt 24 werden sofort auf die Grosse Drangsal die Zeichen und Omen folgen, von denen die alten Propheten gesagt haben, dass sie den grossen und schrecklichen Tag des Herrn ankündigen. Dementsprechend werden die Märtyrer der Drangsal in der Offenbarung im fünften Siegel gesehen (Offb 9), während das sechste Siegel die Ankunft des grossen Tages des Zorns verkündet, wobei genau jene Ereignisse genannt werden, von denen der Herr auf dem Ölberg gesprochen hat und die von Joel und Jesaja viele Jahrhunderte davor vorhergesagt worden warenFussnote.

Wie die dumpfe, bedrückende Ruhe, die den stärksten Stürmen vorausgeht, wird auch im Himmel eine Stille entstehen, wenn das letzte Siegel gebrochen wird (Offb 8, 1), denn dann wird der Tag der Rache dämmern. Die Ereignisse der ersten Siegel waren zweifellos göttliche Gerichte, aber sie hatten den Charakter der Vorsehung und waren von einer Art, die es den Menschen erlaubte, andere Ursachen anzuführen. Doch Gott hat letztlich Sich selbst angekündigt. Wie es in der Vergangenheit gewesen ist, so ist auch jetzt der Anlass eine Verfolgung Seines Volkes. Der Schrei der Märtyrer ist vor Gott in Erinnerung gekommen (Offb 3) und das ist das Signal für die Posaunenstösse, die das Ausgiessen des lange verschlossenen Zorns ankündigen (Offb 6).

Einen Kommentar über die Offenbarung innerhalb der Grenzen eines Kapitels zu schreiben ist unmöglich. Der Versuch würde ein Verlassen des spezifischen Zwecks und Themas dieser Seiten beinhalten. Andererseits ist es essentiell, den Charakter und die Methodik der Visionen in der Offenbarung zu bemerken und im Sichtfeld zu behalten. Dem Seher war es nicht erlaubt, auch nur eine einzige Zeile dessen zu lesen, was innen und aussen Offb 5, 1 auf der versiegelten Buchrolle geschrieben war. Doch immer, wenn ein Siegel aufgebrochen wurde, wurde ihm ein wesentliches Merkmal eines Teils des Buchinhaltes in der Form einer Vision mitgeteilt. Hauptsächlich folgt die Serie der Visionen folglich den Ereignissen in ihrer chronologischen Reihenfolge. Teilweise wird die Reihe aber durch Einschübe oder episodische Visionen unterbrochen, wobei sich die Einschübe zum Teil (wie zwischen dem sechsten und dem siebten Siegel) auf die Zeit des Endes und zum Teil – häufiger – (wie zwischen der sechsten und der siebten Posaune) auf chronologische Details der früheren Visionen beziehen. Der erste und wichtigste Schritt zu einem richtigen Verständnis der Offenbarung besteht also darin, zwischen der Reihe und den episodischen Visionen im Buch zu unterscheiden. Die folgende Analyse soll eine Untersuchung dieses Themas erleichtern und unterstützen:

Offb 6Die Visionen der ersten sechs Siegel, in denen die Ereignisse in ihrer chronologischen Ordnung dargestellt werden
Offb 7Einschub: Die erste Vision bezieht sich entweder auf den treuen Überrest des fünften Siegels oder auf eine Erwählung mit Blick auf die Gerichte des siebten Siegels; die zweite Vision reicht auf das Ende der finalen Erlösung
Offb 8. 9Das Aufbrechen des siebten Siegels; die Visionen der ersten sechs Posaunen; nachfolgende Gerichte in ihrer chronologischen Reihenfolge
Offb 10, 1–11, 13Einschub: Das verborgene Geheimnis der sieben Donner (Offb 10, 3. 4) und der Dienst der zwei Zeugen (die wahrscheinlich zur Zeit des fünften Siegels auftreten werden)
Offb 11, 15–19Die siebte Posaune, das dritte und letzte Wehe (vgl. Offb 8, 13; 9, 12; 11, 14), das der Aufrichtung des Königreichs vorangeht (vgl. Offb 10, 7; 11, 15)
Offb 12–18Einschub
Offb 13Der Aufstieg und die Karriere der beiden grossen Gotteslästerer und Verfolger der letzten Tage
Offb 14Der Überrest von Offb 7, nun gesegnet; das ewige Evangelium (Offb 14, 6. 7); der Fall Babylons (Offb 14, 8); das Schicksal jener, die das Tier angebetet haben (Offb 14, 9–13); die Offenbarung Christi und letzte Gerichte (Offb 14, 14–20)
Offb 15Eine Vision der chronologisch geordneten Ereignisse von Offb 8; das Öffnen des siebten Siegels (dafür spricht die Tatsache, dass die Treuen des fünften Siegels hier gesehen werden, wie sie Gott mit Blick auf die anstehenden Gerichte des siebten Siegels anbeten; vgl. Offb 15, 2–4)
Offb 16Die sieben Zornschalen; eine zweite Serie von Visionen der Ereignisse der sieben Posaunen
Offb 17. 18Detaillierte Visionen über die Entwicklung und den Untergang von Babylon, der Hure, deren Fall während der siebten Posaune und während der siebten Zornschale stattfindet, der letzten Serie von den Gerichten des siebten Siegels (Offb 11, 18; 16, 19)
Offb 19Das Schicksal der Hure wird erfüllt (Offb 19, 2), die Herrlichkeit der Braut folgt (Offb 19, 7), die herrliche Offenbarung Christi und infolge dessen die Zerstörung des Tiers und des falschen Propheten (Offb 19, 20)
Offb 20Der Satan ist gebunden; die tausendjährige Herrschaft der Heiligen (Offb 20, 1–4); der Satan wird nach diesen 1 000 Jahren wieder frei gelassen und verführt noch einmal die Nationen; er wird in den Feuersee geworfen; das Gericht vor dem grossen weissen Thron
Offb 21; 22, 1–5Die neuen Himmel und die neue Erde
Offb 22, 6–21Abschluss

Anmerkung: Ich habe Offb 12 absichtlich übersprungen, da die Auslegung aussergewöhnliche Schwierigkeiten bereitet. Alles innerhalb einer vernünftigen Berücksichtigung der Analogien und Symbole des Textes scheint besser als die gegenwärtig zu weitläufig angenommene historische Interpretation mit ihren wilden Phantasien und willkürlichen Zuordnungen von Wörten und Figuren Alford, a. a. O., Anmerkung zu Offb 12, 15. 16.

Für die Annahme, dass sich die sieben Zornschalen auf die Ereignisse der sieben Posaunen beziehen, spricht erstens der Umstand, dass sich die siebte Posaune und die siebte Zornschale beide auf die finale Katastrophe beziehen. Mit der siebten Posaune wird das Geheimnis Gottes vollendet (Offb 10, 7), der Tempel Gottes wird geöffnet und es gibt Blitze, Stimmen, Donner und ein Erdbeben (Offb 11, 19). Bei der siebten Zornschale wird aus dem Tempel der Ruf gehört: Es ist vollbracht!, und es gibt Stimmen, Donner, Blitze und ein Erdbeben (Offb 16, 17. 18). Zweitens betreffen die Gerichte dieselben Sphären in der korrespondierenden Reihenfolge der Visionen in beiden Serien:

  1. Die Erde,
  2. das Meer,
  3. die Flüsse,
  4. die Sonne,
  5. den Abgrund, den Sitz des Tiers,
  6. den Euphrat,
  7. den Himmmel, die Luft.

Da die letzte Posaune und die letzte Zornschale die letzten Gerichte des Tages der Rache beinhalten, die der Ankunft des herrlichen Königreichs vorangehen, müssen sie notwendigerweise auch den Untergang der zwei grossen antichristlichen Mächte der letzten Tage umfassen – die imperiale, die durch das zehnhörnige Tier repräsentiert wird, und die religiöse, die durch die Frau in Scharlach repräsentiert wird. Die Visionen in Offb 13 und 17 sind folglich Einschübe über den Aufstieg und die Entwicklung dieser beiden Mächte. Sie liefern uns Details, die sich auf die Ereignisse der früheren Siegel beziehen, denn die Märtyrer des fünften Siegels sind die Opfer des grossen Verfolgers von Offb 13.

Wenn das vorangehende Schema grundsätzlich korrekt ist, können die Zeitabschnitte in der Offenbarung so eingeteilt werden:

  1. Die sieben Kirchen – die Übergangszeit nach dem Ende des christlichen ZeitaltersFussnote;
  2. die sieben Siegel – die Periode, in der sich alles, was prophetisch für die Zeit vor der Errichtung des Königreichs vorhergesagt ist, erfüllen wird;
  3. das Königreich – und (nach einem letzten Intervall von Apostasie);
  4. der ewige Zustand – die neuen Himmel und die neue Erde.

Die Prophezeiungen von Daniel werden sich folglich in der Periode der sieben Siegel erfüllen. Als nächstes muss untersucht werden, ob es sichere Berührungspunkte zwischen den Visionen von Johannes und den früheren Prophetien gibt.

Wie bereits bemerkt kann der Bereich der menschlichen Chronologie nur jenen Teil der Prophetie erfassen, der sich auf die siebzig Wochen bezieht. Die siebzigste Woche wird eine definierte Periode sein, von der die Halbzeit und das Ende definitiv fixiert sind. Die Epoche der ersten Woche (d. h. der ersten von diesen siebzig Wochen) war nicht die Rückkehr der Juden aus Babylon und auch nicht der Wiederaufbau des Tempels, sondern die Unterzeichnung des persischen Erlasses, das die nationale Position Israels wiederhergestellt hat. Auch die letzte Woche wird nicht mit der Herstellung von Judäa und nicht mit dem Wiederaufbau des Heiligtums, sondern mit der Unterzeichnung des Bündnisses durch den kommenden Fürst beginnen, der wahrscheinlich Israel einmal mehr als Nation anerkennen wirdFussnote.

Doch es ist offensichtlich, dass diese Persönlichkeit bereits vor diesem Ereignis zu Macht gekommen sein muss. In Dan 7, 24 wird ausdrücklich festgehalten, dass sein Aufstieg nach jenem der zehn Königreiche stattfinden wird, unter die sich das römische Imperium aufteilen wird. Daraus folgt, dass die Entwicklung dieser Königreiche und der Aufstieg des grossen Kaisers, der das imperiale Szepter in den letzten Tagen halten wird, vor dem Beginn der siebzigsten Woche stattfinden mussFussnote.

In gewissen Grenzen können wir auch die Ordnung der nachfolgenden Ereignisse fixieren. Die Verletzung des Bündnisses durch die Verunreinigung des Heiligtums wird zur Hälfte der Woche Dan 9, 27 stattfinden. Dieses Ereignis wird zugleich die Epoche der grossen Verfolgung durch den Antichrist einleiten (Mt 24, 15–21), die genau dreieinhalb Jahre lang dauern wird, denn seine Macht, die Juden zu verfolgen, wird auf diese definierte Periode beschränkt sein (Dan 7, 25; Offb 13, 5). Sogleich aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne sich verfinstern und der Mond seinen Schein nicht geben Mt 24, 29, heisst es in Mt 24. Damit steht Offb 6 ganz exakt in Übereinstimmung, denn die Vision vom fünften Siegel umfasst die Periode der Drangsal, und vom Zeitpunkt, in dem das sechste Siegel geöffnet wird, heisst es: Die Sonne wurde schwarz wie ein härener Sack, und der ganze Mond wurde wie Blut Offb 6, 12, und der Ruf geht aus: Gekommen ist der grosse Tag seines Zorns Offb 6, 17. In Übereinstimmung damit heisst es in der Prophetie von Joel: Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln und der Mond in Blut, ehe der Tag des Herrn kommt, der grosse und furchtbare Joel 3, 4. Die Ereignisse dieses Tages der Rache sind der Gegenstand der Vision vom siebten Siegel; sie beinhalten das Gericht über Babylon, die Frau in Scharlach – oder des religiösen Abfalls – die sich der imperialen Macht des Tiers bedient (Offb 17, 16. 17), dessen furchtbares Ende das schreckliche Drama zum Abschluss bringen wird (Offb 19, 20). Wir haben folglich eine ausreichende Grundlage für die Ordnung der Ereignisse der letzten Tage in der folgenden Reihenfolge:

  1. Die Entwicklung der zehn Königreiche;
  2. die Erscheinung eines elften «Königs» innerhalb der territorialen Grenzen dieser Königreiche, der drei der zehn Könige unterwerfen und letztlich von allen als Souverän anerkannt werden wird;
  3. der Abschluss eines Bündnisses durch diesen König zugunsten der Juden – die Epoche der siebzigsten Woche;
  4. die Verletzung des Bündnisses durch diesen König nach dreieinhalb Jahren;
  5. die grosse Drangsal gemäss der Schrift, die schreckliche Verfolgung der letzten Tage, die dreieinhalb Jahre dauern wird;
  6. die Befreiung der Juden von ihrem grossen Feind, gefolgt von ihrer endgültigen Wiederherstellung in Segen – das Ende der siebzigsten Woche;
  7. der grosse und schreckliche Tag des Herrn, d. i. die Periode des siebten Siegels, die mit einer Offenbarung Christi für Sein Volk in Jerusalem, begleitet von eindrücklichen Beweisen Seiner göttlichen Macht, beginnen und mit Seinem letzten Kommen in Herrlichkeit enden wird.

Dass sich die siebzigste Woche auf die letzten sieben Jahre dieses Zeitalters und auf das Ende der Herrschaft des Antichristen bezögen, ist ein Glaube, der so alt wie die Schriften der Anti-Nicäischen Väter ist. Eine sorgfältige Untersuchung der Aussagen der Heiligen Schrift muss aber zu einer gewissen Modifikation dieser Sichtweise führen. Die Erfüllung der in Dan 9, 24 für Juda verheissenen Segnungen ist alles, was die Schrift ausdrücklich für die Zeit des Endes der siebzigsten Woche sagt. Der Antichrist wird dann aus Judäa vertrieben werden. Aber es gibt keinen Grund zur Annahme, dass er in einer anderen Weise etwas von seiner Macht verlieren wird. Wie bereits gezeigt endet die siebzigste Woche mit dem fünften Siegel, während der Fall von Babylon erst beim siebten Siegel stattfinden wird. Niemand wird annehmen, dass die dazwischen liegende Ära lange andauern wird, und sie wird wahrscheinlich kurz sein, aber der einzig sichere Hinweis auf ihre Länge ist der Umstand, dass der Antichrist bei ihrem Abschluss lebend ergriffen und seinem schrecklichen Schicksal übergeben werden wird (Offb 19, 20), was bedeutet, dass sie nicht länger als eine Lebensspanne sein kann.

Die Analogie anhand der Vergangenheit kann uns zur Annahme verleiten, dass die für das Ende der siebzigsten Woche vorausgesagten Ereignisse bei deren Abschluss unmittelbar aufeinander folgen würden. Das Buch Daniel belehrt uns aber ausdrücklich, dass es ein Intervall geben wird. Was auch immer die Sichtweise in Bezug auf den ersten Teil von Dan 11 sein mag, so ist doch klar, dass der König ab Vers 36 der grosse Feind der letzten Tage sein wird. Seine Kriege und Eroberungen sind vorhergesagtFussnote, und das zwölfte Kapitel beginnt mit der Erwähnung der vorhergesagten Zeit der Bedrängnis, der grossen Drangsal gemäss dem Matthäus-Evangelium und der Offenbarung. Der siebte Vers definiert die Dauer der Zeit der Bedrängnis als eine Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit, was – wie bereits aufgezeigt – eine halbe Woche oder 1 260 Tage ist. Aber Vers 11 erklärt ausdrücklich, dass vom Zeitpunkt, der die Woche teilt und der gemäss Mt 24 das Signal für den Beginn der Verfolgung ist, 1 290 Tage vergehen, und Vers 12 schiebt den Segen auf 1 335 Tage hinaus, also auf 75 Tage nach dem Abschluss der prophetischen Woche.

Wenn also der Tag des Herrn sofort auf das Ende der siebzigsten Woche folgen wird, dann kann die endgültige Befreiung von Juda scheinbar nicht vor dem Beginn dieser letzten Periode stattfinden. Das wird ausdrücklich von Sach 14 bestätigt. Keine Prophetie könnte ausdrücklicher sein; die Schwierigkeiten bei der Interpretation können keineswegs überwunden werden, indem man sich weigert, sie wörtlich zu lesen. Sie scheint zu lehren, dass Jerusalem in dieser Zeit von den vereinten Armeen der Nationen eingenommen wird und dass in jenem Moment, in dem eine Schar von Gefangenen weggeführt wird, Gott selbst auf eine wunderbare Weise eingreifen wird – so, wie damals, als Er die Armee des Pharaos beim Auszug zerstörteFussnote.

Ein Vergleich mit der Prophezeiung in Mt 24 ist der sicherste und strikteste Test, dem diese Schlussfolgerungen unterzogen werden können. Nachdem der Herr die Epoche definiert und den Charakter der grossen Verfolgung in den letzten Tagen beschrieben hat, zählt Er die Ereignisse auf, die beim Ende folgen werden, nämlich zuerst die grossen natürlichen Phänomene, die vorhergesagt sind, dann die Erscheinung des Zeichens des Sohnes des Menschen am Himmel, dann die Trauer der Stämme des LandesFussnote und zuletzt Sein Kommen in Herrlichkeit.

Dass es kein Intervall zwischen der Verfolgung und den grossen Zeichen vom Himmel Lk 21, 11, die darauf folgen, geben wird, wird ausdrücklich betont; diese sollen sogleich aber nach der Drangsal jener Tage Mt 24, 29 auftreten. Dass ein Intervall die andern Ereignisse der Serie trennen wird, ist ebenso klar. Von der Verunreinigung des Heiligums bis zum Tag, an dem die Drangsal enden und Schrecknisse und grosse Zeichen Lk 21, 11 vom Himmel Angst in die Herzen der Menschen senden werden, sollen genau 1 260 Tage vergehenFussnote. Aber wenn Er über Sein Kommen spricht, erklärt der Herr, dass jener Tag nur dem Vater bekannt sei; Sein Volk soll wachen und warten. Er hat sie bereits davor gewarnt, verführt zu werden und Seine Wiederkunft vor der Erfüllung all dessen zu erwarten, was geschehen muss (Mt 24, 4–28), aber jetzt warnt Er sie vor dem Abfall nach der Erfüllung all dieser Dinge, und zwar, weil selbst dann noch eine Verzögerung Sein Kommen kennzeichnen sollFussnote.

Die Worte Christi sind alle gleichermassen wahr. Ihm gefällt es nicht, wenn Sein Volk in der Erwartung Seines Kommens lebt – ausser in einer Zeit, wenn nichts der Erfüllung der Hoffnung im Wege steht. Fatalismus ist unter Christen genauso populär wie unter den Mohammedanern und man vergisst, dass dieses Zeitalter, obwohl es bereits 18 Jahrhunderte andauert, jederzeit bereits zum Abschluss hätte gebracht werden können. Deshalb wird der Christ gelehrt, zu erwarten die glückselige Hoffnung Tit 2, 12. 13. Das wird in den kommenden Tagen anders sein, wenn dieses gegenwärtige Zeitalter mit der ersten Stufe des Kommens geendet haben wird. Dann wird nicht mehr das Wort gelten: Wacht also, denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt Mt 24, 42, das zu jener Zeit gehört, in der alles erfüllt sein wird, sondern: Gebt Acht, dass euch niemand verführe! Gebt Acht, erschreckt nicht; denn dies muss geschehen, aber es ist noch nicht das Ende Mt 24, 4. 6.