Jesus Christus ist der Herr! Phil 2, 11

Dein Wille geschehe

Hiskias Krankheit

Hiskia wurde, lange nach der Teilung des Königreiches Israel, mit 25 Jahren König von Juda. Gleich zu Beginn des Berichts von seiner Königsherrschaft wird bezeugt:

3 Und er tat, was recht war in den Augen des Herrn, nach allem, was sein Vater David getan hatte. 4 Er tat die Höhen weg und zerschlug die Bildsäulen und rottete die Aschera aus und zertrümmerte der Schlange aus Kupfer, die Mose gemacht hatte; denn bis zu jenen Tagen hatten die Kinder Israel ihr geräuchert und man nannte sie Nechustan. 5 Er vertraute auf den Herrn, den Gott Israels; und nach ihm ist seinesgleichen nicht gewesen unter allen Königen von Juda noch unter denen, die vor ihm waren. 6 Und er hing dem Herrn an, er wich nicht von ihm ab; und er hielt seine Gebote, die der Herr Mose geboten hatte. 2. Kön 18, 3–6

Hiskia war nicht einfach nur einer der vielen Könige von Juda, sondern ausgezeichnet vor ihnen allen. Was er in seiner Regierungszeit alles getan hat, ist beeindruckend: Nicht nur zerstörte er die Götzenbilder und vertrieb er die Feinde aus dem Land, sondern er sorgte auch dafür, dass der Tempel des Herrn ausgebessert wurde, und setzte den Priesterdienst wieder ein – das Heiligtum und alle Geräte wurden geheiligt, die Unreinheit wurde beseitigt, die Opfer wurden wieder eingesetzt (2. Chron 29. 31). Noch eine grosse Sache tat Hiskia: Er setzte das Passah wieder ein (2. Chron 30). Und als er und das Volk sich in grosser Bedrängnis befanden, als Jerusalem von den Assyrern belagert wurde, vertraute er einzig und völlig auf den Herrn (vgl. z. B. 2. Kön 19).

Hiskia lebte dem Volk Gottes vor, was es heisst, völlig auf den Herrn zu vertrauen, und er tat alles, um das Volk wieder auf den rechten Weg zurückzuführen, nachdem viele Jahre vieles im Argen gelegen hatte. Wahrlich, nach ihm ist seinesgleichen nicht gewesen unter allen Königen von Juda noch unter denen, die vor ihm waren. Welcher Diener des Herrn kann sich heute mit Hiskia messen? Es gibt gewiss nicht viele seinesgleichen, die sich dem Herrn so völlig hingegeben und den Dienst mit so viel geistlicher Energie versehen haben. Hiskia kann deshalb getrost als einer der herausragenden Diener Gottes bezeichnet werden.

Eines Tages aber wurde Hiskia schwer krank. Von Seiten des Herrn war es fest beschlossene Sache, dass Hiskias Leben nun zu Ende sein sollte: 1 In jenen Tagen wurde Hiskia krank zum Sterben. Und Jesaja, der Sohn des Amoz, der Prophet, kam zu ihm und sprach zu ihm: So spricht der Herr: Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht genesen Jes 38, 1. Auch der herausragendeste Diener Gottes bleibt nicht vor Widrigkeiten und – sofern der Herr nicht früher wiederkommt – auch vor dem Tod verschont. Hiskia hatte in seinem Leben viel Gutes gewirkt, aber doch war nun die Zeit des Endes gekommen, obwohl er erst 39 Jahre alt war (vgl. 2. Kön 18, 2 und Jes 38, 5).

Hiskias Bitte und Genesung

Nun konnte Hiskia diese Tatsache aber nicht einfach hinnehmen:

2 Da wandte Hiskia sein Angesicht zur Wand und betete zu dem Herrn und sprach: 3 Ach, Herr, gedenke doch, dass ich vor deinem Angesicht in Wahrheit und mit ungeteiltem Herzen gewandelt bin und getan habe, was gut ist in deinen Augen! Und Hiskia weinte sehr. Jes 38, 2. 3

Hiskia befand sich erst in der Hälfte seiner Jahre (vgl. Ps 90, 10), und es ist verständlich, dass er sich schwer damit tat, seinen baldigen Tod zu akzeptieren. Wäre er aber auch in diesem Moment nicht im Schauen, sondern im Glauben gewandelt (2. Kor 5, 7), hätte er, wie die andern Alten, die durch den Glauben Zeugnis erlangten Hebr 11, 39, nach einem besseren, himmlischen Vaterland gesucht (Hebr 11, 13–16), hätte er das Wort des Herrn angenommen. Denn der Gläubige spricht: Das Leben ist für mich Christus, und das Sterben Gewinn Phil 1, 21 und: 23 Ich werde aber von beidem bedrängt, indem ich Lust habe, abzuscheiden und bei Christus zu sein, denn es ist weit besser Phil 1, 23. Der Gläubige setzt seine Hoffnung nicht in diese Welt noch was in ihr ist, sondern auf den Herrn und was bei Ihm ist. Der Gläubige weiss, dass er nur ein Fremdling auf dieser Erde ist, ohne Bürgerrecht (Hebr 11, 13), und dass sein Bürgerrecht in den Himmeln ist (Phil 3, 20). Was ihm auf der Erde an Gutem begegnet, nimmt er dankbar aus der Hand seines Gottes an, aber stets im Wissen darum, dass die Zeit hier begrenzt ist und ihn etwas weit besseres erwartet. Der Gläubige erfreut sich deshalb des Lebens, freut sich aber auch auf den Zeitpunkt, da er zum Herrn heimkehren darf.

Diese Gesinnung legte Hiskia aber nicht an den Tag, denn er hielt entgegen dem Wort Gottes am irdischen Leben fest, indem er weinte und Gott bat, seine Tage hier zu verlängern. So verständlich die Haltung Hiskias ist, so wenig stimmt sie mit seinem vorherigen Wandel überein: Zuvor war er im Glauben gewandelt, hier aber wandelte er nach dem Schauen. Dennoch wurde seine Bitte erfüllt: So spricht der Herr, der Gott deines Vaters David: Ich habe dein Gebet gehört, ich habe deine Tränen gesehen; siehe, ich will zu deinen Tagen fünfzehn Jahre hinzufügen Jes 38, 5. Zur Bestätigung dieses Wortes liess der Herr sogar den Schatten auf den Stufen der Sonnenuhr des Ahas um zehn Stufen rückwärts gehen (Jes 38, 8). So erholte sich Hiskia rasch und lebte anschliessend – nach dem Wort des Herrn – nochmals fünfzehn Jahre.

Die letzten fünfzehn Jahre Hiskias

Wir haben gesehen, dass die Bitte Hiskias um Verlängerung des Lebens nicht eine Bitte aus Glauben gewesen war. Der Herr hatte sie aber dennoch erfüllt, doch dies gereichte Hiskia nicht zum Segen. Drei Jahre nach seiner Genesung erhielt Hiskia einen Sohn: Manasse. Dieser wurde nach Hiskias Tod König von Juda – 2 Und er tat, was böse war in den Augen des Herrn, nach den Gräueln der Nationen, die der Herr vor den Kindern Israel vertrieben hatte. 3 Und er baute die Höhen wieder auf, die sein Vater Jehiskia niedergerissen hatte 2. Chron 33, 2. 3. Was Hiskia in seinem Leben des Glaubens erreicht hatte, wurde von Manasse zerstört, Juda wurde wieder zum Götzendienst verführt und versündigte sich in schlimmer Weise am Herrn. Hätte Hiskia seine Bestimmung akzeptiert, wäre aber Manasse nie gezeugt worden. Manasse war so gesehen die sprichwörtliche Frucht des Unglaubens Hiskias.

Ein kleiner Schritt abseits vom Weg des Herrn, ein kurzer Augenblick, in dem wir nicht aus Glauben handeln, kann verheerende Konsequenzen nach sich ziehen. Ein Steinchen, das sich durch unseren Fehltritt löst, kann eine Lawine verursachen. Hiskia hielt in dem Augenblick, in dem er mit dem Tod konfrontiert wurde, zu sehr an seinem Leben fest, was dazu führte, dass ihm weitere Jahre gewährt wurden, in denen er seinen früheren Wandel Lügen strafte und in denen er einen Sohn zeugte, der sein ganzes Werk des Glaubens zerstören sollte. Wir können dem Herrn Jahrzehnte lang treu sein, aber ein Tag im Unglauben kann alles, was wir zuvor für den Herrn tun durften, zerstören. Deshalb ist es so dringend nötig, dass wir Sein Angesicht Tag für Tag in der Frühe suchen, dass wir den Geist mit geistlicher Speise nähren, dass wir nach Seinem Willen handeln. Nur das wird uns in die Lage versetzen, Fehltritte zu vermeiden und bis zum Schluss im Glauben zu wandeln.

Hiskia tat noch mehr: Kaum war er genesen, sandte Merodak-Baladan, der König von Babel, eine Gesandtschaft zu Hiskia. Diesen Leuten zeigte Hiskia sein Schatzhaus mit allen Kostbarkeiten darin; und es gab nichts in seinem Haus und in seiner ganzen Herrschaft, was Hiskia ihnen nicht gezeigt hätte Jes 39, 3. Die Demütigung vor dem Herrn war offensichtlich schnell vergessen; in prahlerischer Weise zeigte Hiskia der fremden Gesandtschaft alle Kostbarkeiten, die Juda vom Herrn zur Verfügung gestellt worden waren. Der Herr rügte Hiskia daraufhin durch den Propheten Jesaja:

6 Siehe, es kommen Tage, da alles, was in deinem Haus ist und was deine Väter aufgehäuft haben bis auf diesen Tag, nach Babel weggebracht werden wird; es wird nichts übrig bleiben, spricht der Herr. 7 Und von deinen Söhnen, die aus dir hervorkommen werden, die du zeugen wirst, wird man nehmen, und sie werden Hofbeamte im Palast des Königs von Babel sein. Jes 39, 6. 7

Hiskia vergass, dass ihm alles Gute vom Herrn zugekommen war, aus Gnade. Er vergass auch, dass alle Schätze des Herrn sind (Hag 2, 8). Er verhielt sich so, als ob er selbst die Schätze angehäuft hätte und als ob er von selbst genesen wäre. Wir lesen von keinem Wort der Ehrerbietung des Herrn und sehen bloss, wie Hiskia vor den Babyloniern prahlte. Wie wenig passt dies doch zum vorherigen Wandel Hiskias! Es scheint, als habe sich Hiskia in seinen geschenkten Jahren nur noch um sich selbst gedreht, als wäre es nur noch um ihn selbst gegangen. Völlig klar wird dies in der Antwort Hiskias auf das Wort des Propheten Jesajas: 8 Und Hiskia sprach zu Jesaja: Das Wort des Herrn ist gut, das du geredet hast; und er sprach: Es wird ja Frieden und Bestand sein in meinen Tagen Jes 39, 8.

Ist es nicht traurig, solche Worte von einem zu hören, der sich früher ganz dem Herrn hingegeben hat? Das Volk Gottes und der Wille Gottes interessierten Hiskia nicht mehr, entscheidend war für ihn nur, ob er seine (geschenkten) Tage noch in Friede verbringen konnte oder nicht. Dass der Herr ihm zürnte, dass er einen Fehler begangen hatte, dass der Herr andere dafür zur Rechenschaft ziehen würde, interessierte Hiskia nicht. Für ihn war das Wort des Herrn gut – es wird ja Frieden und Bestand sein in meinen Tagen.

Unser Wille geschehe?

Man mag bestürzt sein ob der Haltung Hiskias, aber man sollte auch weitergehen und sich selbst fragen: Ist meine Haltung eine andere? Wir neigen verständlicherweise dazu, uns hier einzurichten: Wir arbeiten nicht nur für unser täglich Brot und Bedeckung, sondern auch zur Haltung eines Lebensstandards und zur Finanzierung eigener Interessen; wir achten darauf, niemanden vor den Kopf zu stossen, damit wir möglichst lange unbehelligt arbeiten und leben können, mit vielen Freunden und guter sozialer Einbindung; wir investieren Geld und Zeit in Karriere und Freizeitbeschäftigungen, um das Beste aus diesem Leben herauszuholen. Wenn unsere Haltung bezüglich dieser Dinge nicht stimmt, wenn es uns darum geht, für uns selbst zu sorgen und das zu tun, was uns gerade passt, dann handeln wir wie Hiskia. Ob wir der Sache des Herrn oder unseren Nächsten durch Versäumnisse und das Setzen falscher Prioritäten Schaden zufügen, interessiert uns nicht, denn wir setzen alles daran, dass Frieden und Bestand in unseren Tagen sein wird. Sind wir so viel besser als Hiskia, wie wir vielleicht meinen?

Wir sollen arbeiten und dankbar alles aus der Hand des Herrn annehmen, was Er uns in Seiner Güte zukommen lässt. Er lässt uns einigen Freiraum und sorgt dafür, dass wir genügend Erholung erhalten. Auch die Ausübung einer Freizeitbeschäftigung ist an sich nicht falsch. Aber wenn diese Dinge einen zu hohen Stellenwert einnehmen, wenn wir zuviel Zeit und Energie darin verwenden, wenn die Gemeinschaft mit dem Herrn dadurch getrübt wird, wenn wir etwa zuwenig Zeit für Gebet und Bibelstudium finden, dann legen wir gewiss eine falsche Haltung an den Tag. Dann geschieht nicht mehr der Wille des Herrn, sondern unser Wille.

Wie wir in der Geschichte Hiskias gesehen haben, kann die Verfolgung der eigenen Zwecke und Ziele viel Schaden anrichten – nicht nur in den Leben anderer oder an der Sache Gottes, sondern auch in unserem Leben. Wer eigene Zwecke und Ziele verfolgt, offenbart auch, dass er grundlegende Dinge über den Herrn nicht verstanden hat:

Es ist nicht so, dass der Herr gleichsam auf der Suche nach Arbeitern ist, wenn Er Menschen zur Busse aufruft. Der Herr wird nicht von Menschenhänden bedient, als ob er noch etwas nötig habe, da er selbst allen Leben und Odem und alles gibt Apg 17, 25. Wir tun dem Herrn keinen Gefallen, wenn wir zu Ihm umkehren. Wer zu Ihm umgekehrt ist, wird nicht als Arbeiter eingespannt. Nein, alles ist ganz anders, und die Wahrheit ist sehr viel beschämender für uns (deshalb ertragen wir sie auch nicht): Wir haben dem Herrn nichts zu bieten, im Gegenteil. Wenn der Herr Menschen zur Busse aufruft, dann bietet Er ihnen einen vollkommenen, bedingungslosen Schuldenerlass, dann offenbart Er Seine Liebe zu den Verlorenen, dann gibt Er uns die Chance, zur wahren Quelle des Lebens zurückzukehren, dann tut Er uns einen Gefallen – und was für einen! Der Herr sucht ein Gegenüber und Er sucht unser Bestes: 28 Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken Röm 8, 28. Selbst wenn wir Züchtigung vom Herrn erfahren, sucht Er nur unser Bestes: Mein Sohn, achte nicht gering des Herrn Züchtigung, noch ermatte, wenn du von ihm gestraft wirst. 6 Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er Hebr 12, 5. 6. Manchmal scheint es uns nicht so zu sein, aber der Herr ist stets um unser Wohl besorgt.

Der Weg, den der Herr für uns vorgesehen hat, ist der beste Weg, ein Weg, auf dem wir Erfüllung und Befriedigung finden, auf dem sich Arbeit und Erholung, Arbeitsleben, Familie, Dienst und Freizeit in optimaler Weise abwechseln und ergänzen, ein Weg, auf dem wir dem Herrn nach unserm besten Vermögen dienen können, um später Lohn empfangen zu können, ein Weg, auf dem wir alles finden, was unserem Besten dient. Wir gehen diesen Weg nicht nur, damit der Wille des Herrn geschieht, sondern auch, um das Beste aus unserem Leben zu machen. Deshalb müssen wir diesen Weg auch nicht beispielsweise verlassen, um mal für uns selbst zu schauen und für uns selbst zu sorgen, denn nirgends wird so gut für unser Wohl gesorgt wie auf dem Weg mit dem Herrn.

Es ist dumm, wenn wir den Weg des Herrn verlassen, um «für uns selbst zu sorgen», denn auf jedem anderen Weg finden wir nur falsche Versprechungen des Feindes Gottes, nur Dinge, die uns und andern letzten Endes zum Schaden und nicht zum Nutzen gereichen. Wie gut wäre es doch beispielsweise für Hiskia gewesen, wenn er die Krankheit und den Tod akzeptiert hätte: Er wäre als herausragender Diener Gottes in die Geschichte eingegangen, nach vierzig Jahren der Treue in die Herrlichkeit Gottes, wo ihm der angemessene Lohn zuteil geworden wäre. Ein anderer König hätte vielleicht seinen Dienst in gleicher Weise weitergeführt, was ganz Juda zum Segen gewesen wäre. So aber hat Hiskia in fünfzehn Jahren alles zunichte gemacht und, sicherlich, ohne Befriedigung und Erfüllung zu finden, sein Andenken und seinen Lohn geschmälert. All das wäre nicht nötig gewesen und ist nur geschehen, weil Hiskia meinte, er wüsse besser als Gott, was gut für ihn ist. Wollen wir nicht denselben Fehler machen!