Jesus Christus ist der Herr! Phil 2, 11

Die bestimmte Zeit – von Adam bis heute

Die Zeit der Unschuld

In den beiden ersten Kapiteln des ersten Buches der Bibel (1. Mose 1. 2) wird die Erschaffung der sichtbaren Welt und insbesondere der ersten Menschen beschrieben. Folgende Stellen sind für diese Abhandlung von besonderer Bedeutung: 9 Und Gott der Herr liess aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, lieblich anzusehen und gut zur Speise; und den Baum des Lebens in der Mitte des Gartens, und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen 1. Mose 2, 9. Und weiter: 16 Und Gott der Herr gebot dem Menschen und sprach: Von jedem Baum des Gartens darfst du nach Belieben essen; 17 aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, davon sollst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon isst, musst du sterben 1. Mose 2, 16. 17.

In der ersten Zeit nach ihrer Erschaffung erkannten die Menschen also weder gut noch böse; sie konnten nicht eigenständig beurteilen, was gut und was böse ist. Wie sich beispielsweise 1. Mose 3, 8 entnehmen lässt, hatten die Menschen aber innige Gemeinschaft mit Gott. Sie waren ja auch als Gegenüber erschaffen worden (1. Mose 1, 26. 27). Aus diesem Grund mussten sie gar nicht wissen, was gut und was böse ist. Denn sie hatten jederzeit freien Zugang zu Ihm, und alles, was sie wissen mussten, konnten sie von Ihm erfragen. Ausserdem gab es nur eine einzige Sache, die sie zu beachten hatten: Nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen.

Solange die Menschen sich an dieses eine Gebot hielten, waren sie unschuldig – sie handelten in keiner Weise gegen den Willen Gottes. Zugleich waren sie aber auch unwissend in Bezug auf gut und böse. Doch dann kam der Tag, an dem sie gegen das einzige Gebot Gottes verstiessen: Sie assen vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen. Ab diesem Zeitpunkt erkannten sie, was gut und was böse ist, zugleich aber auch – traurige Ironie! –, dass sie böse gehandelt hatten, indem sie gegen den Willen Gottes gehandelt hatten. Dies wird in 1. Mose 3 eindrücklich beschrieben:

7 Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan, und sie erkannten, dass sie nackt waren; und sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze. 8 Und sie hörten die Stimme Gottes, des Herrn, der im Garten wandelte bei der Kühle des Tages. Und der Mensch und seine Frau versteckten sich vor dem Angesicht Gottes des Herrn mitten unter die Bäume des Gartens. 9 Und Gott der Herr rief den Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du? 10 Und er sprach: Ich hörte deine Stimme im Garten, und ich fürchtete mich, denn ich bin nackt, und ich versteckte mich. 1. Mose 3, 7–10

Sofort nach dem Essen vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen erkannten die Menschen, dass sie nackt waren; sie sahen mit anderen Worten ihren tatsächlichen Zustand, eingebettet im Spektrum zwischen Gutem und Bösem. Da Gott derjenige ist, der festlegt, was gut und was böse ist, und da sie gegen Sein Gebot verstossen hatten, erkannten sie also, dass ihr Zustand (nun) schlecht war. Um dies zu verdecken, hefteten sie sich Feigenblätter zu Schurzen zusammen. Doch dies war ein untauglicher Versuch, denn die Feigenblätter änderten nichts am tatsächlichen Zustand, sondern verdeckten ihn nur äusserlich. Das zeigt sich ganz deutlich im weiteren Verlauf: Als Gott die Menschen sucht, verstecken sie sich vor Ihm; als Er nach dem Grund fragt, antwortet Adam – nach wie vor mit dem Schurz aus Feigenblättern bekleidet –, er sei nackt.

Ein einziges Gebot, doch völliges Versagen der Menschen! Führen wir uns die Umstände vor Augen: Die Menschen hatten alles, was ihr Herz nur begehren konnte, sie hatten ungetrübte, innige Gemeinschaft mit Gott und sie hatten freien Zugang zum Baum des Lebens, dessen Früchte ihnen ewiges Leben geschenkt hätten, aber sie waren nicht in der Lage, das einzige Gebot zu beachten. Wie traurig und beschämend! Und danach, die feige, unehrliche Art, mit der die Menschen ihren Fehler vertuschen wollen! Ihren Makel wollen sie äusserlich bedecken – als ob das einen Einfluss auf ihren inneren Zustand hätte! –, vor dem Herrn verstecken sie sich. Wie oft handeln wir doch genau gleich: Den Fehler vertuschen und den Konsequenzen aus dem Weg gehen – ein unschönes Handlungsmuster!

Wie lieblich ist vor diesem Hintergrund das Handeln Gottes! Natürlich wusste Er um den Fehler, den die Menschen begangen hatten. Aber Er ging dennoch in den Garten. Und als die Menschen sich vor Ihm versteckten, rief Er ihnen nach: Wo bist du? Der Mensch versteckt sich – Gott geht ihm nach! Verstehen wir, was das bedeutet? Sind wir auch nur annähernd in der Lage, die grosse Gnade dahinter zu erfassen und zu verstehen? Damit aber nicht genug! 21 Und Gott der Herr machte Adam und seiner Frau Kleider aus Fell und bekleidete sie 1. Mose 3, 21 – der Herr sorgte selbst für eine Lösung des Problems der Menschen. Und zwar so, dass bereits der erste Bezug zur bestimmten Zeit hergestellt wurde:

Zuerst wies Er auf den Samen der Frau hin, der dem Teufel den Kopf zermalmen würde, wobei Ihm aber vom Teufel die Ferse zermalmt würde (1. Mose 3, 15). Das ist der erste Hinweis auf das Werk des Herrn Jesus in diesem Zusammenhang: Der Teufel zermalmte Ihm zur bestimmten Zeit zwar die Ferse, denn Er musste in den Tod gehen, doch gleichzeitig zermalmte der Herr Jesus den Kopf des Teufels. Tatsächlich hat die Macht des Teufels mit dem Werk des Herrn Jesus am Kreuz ein Ende gefunden; der Herr Jesus stellte die bösen Mächte öffentlich zur Schau und hielt einen Triumph über sie (Kol 2, 15). Als Zweites machte Gott den Menschen Kleider aus Fell. Das bedeutet nichts anderes, als dass ein Tier sterben musste, und dass dieser Tod ein wirksames Mittel zur Bedeckung der Sünde war. Die Kleider aus Fell unterschieden sich in zweierlei Weise von den Schurzen aus Feigenblättern: Erstens waren sie von Gott verordnete – und damit wirksame – Mittel zur Bedeckung der Sünde; zweitens standen sie, wie erwähnt, mit Blutvergiessen und Tod in Zusammenhang. Letzteres ist von grosser Bedeutung, denn ohne Blutvergiessung gibt es keine Vergebung Hebr 9, 22. Weshalb?

Wir müssen verstehen, wie schwer Sünde in den Augen Gottes wiegt. Heute fehlt uns in aller Regel das Verständnis dafür leider. Wenn wir zwei Stück Schokoladekuchen essen, sagen wir: «Ich habe gesündigt.» Oder wir sprechen von einem «sündhaft» teuren Kleid. Es gibt noch weitere Beispiele aus unserer Umgangssprache, die belegen, dass wir kein rechtes Verständnis von Sünde mehr haben. Biblisch gesehen ist Sünde schlicht alles, was nicht dem Willen Gottes entspricht. Ebenso klar lässt sich der Bibel entnehmen, dass jede Sünde sehr schwer wiegt, weil sie uns von der Gemeinschaft mit Gott trennt (Jes 59, 1. 2), denn Er ist Licht und kann keine Gemeinschaft mit Sünde haben (2. Kor 6, 14–18). Ja, Sünde wiegt so schwer, dass allgemein gesagt wird: 23 Denn der Lohn der Sünde ist der Tod Röm 6, 23. Dies ist in dieser generellen Weise wahr, weil auch die kleinste Sünde lediglich ein Ausdruck dessen ist, was in unserem Innersten zu finden ist. Es ist, als ob wir unter einer schweren Krankheit (der Sünde) leiden würden, die sich bei einigen äusserlich nur in Form eines leichten Schnupfens (leichtere Sünden), bei anderen aber in Form von Geschwüren und ähnlichem (schwerere Sünden) zeigt. Allen Sünden, wie schwer sie auch in unseren Augen wiegen mögen, ist gemeinsam, dass sie Ausdruck der in uns wohnenden Macht der Sünde, unserer Auflehnung gegen den Willen Gottes sind. Wer sich aber gegen den Willen Gottes auflehnt, lehnt sich gegen die Quelle des Lebens, des Glücks und der Freude auf. Die Folge ist, wie bereits erwähnt, die Trennung von Gott und damit der Tod, in ewiger Hinsicht die Verbannung in den Feuersee, das ist der zweite Tod (Offb 20, 15).

Das Vergiessen von Blut bzw. die Trennung von Leib und Blut wird in der Bibel mit dem Tod gleichgesetzt, weil die Seele im Blut ist und der Tod nichts anderes als die Trennung von Seele und Leib ist (vgl. z. B. 3. Mose 17, 11). Nun ist es also grundsätzlich so, dass der Herr bereits von den ersten Menschen ihr Blut für ihre Sünde forderte. Dann vergoss Er aber eines anderen Wesens Blut, das eines Tieres. Indem Er selbst dies tat, zeigte Er auf, dass es möglich ist, dass unsere Sünde durch das Vergiessen des Blutes eines von Ihm verordneten Opfers gesühnt wird. Das Blut des Tieres bzw. das Fell bedeckte den Makel der ersten Menschen, und auch das Blut von Stieren und Böcken, das gemäss Gesetz vergossen wurde, bedeckte die Sünden der Opfernden, dies aber nur im Hinblick auf das vollkommene Opfer des Herrn Jesus (vgl. Hebr 10). Indem der Herr den Menschen also Kleider aus Fell machte, wies Er nochmals darauf hin, dass Er eine Lösung für ihr Problem schaffen würde. Und schon im Hinblick auf diese Lösung wurde ihr Makel bedeckt. So wertvoll war das Opfer des Herrn Jesus für Gott, den Vater, dass Er schon Hunderte, ja Tausende Jahre zuvor im Hinblick auf dieses eine Opfer Vorbildern davon Wirkung zuerkannte!

Trotzdem endete aber die Zeit der Unschuld mit Gericht: Der Herr vertrieb die Menschen aus dem Garten Eden und vom Baum des Lebens und liess östlich vom Garten Cherubim lagern und die Flamme des kreisenden Schwertes, um den Weg zum Baum des Lebens zu bewachen (1. Mose 3, 23. 24). Trotz der von Gott verordneten Lösung – und trotz des Überflusses, den Er den Menschen zuvor gegeben hatte – blieb es am Ende beim vollständigen Versagen der Menschen und dem entsprechenden Gericht.

Das Gewissen als Leitschnur

Interessanterweise ordnete Gott nach der Vertreibung der Menschen aus dem Garten Eden nichts an. Es gab keine Gebote und keine Verbote, keine Weisungen für das tägliche Leben. Wenn in Röm 2, 14. 15 in Bezug auf die Nationen, die kein Gesetz haben, gesagt wird, sie seien sich selbst ein Gesetz, weil ihr Gewissen mitzeugt und ihre Gedanken sich untereinander anklagen oder auch entschuldigen, dürfen wir davon ausgehen, dass der Herr die Menschen nach der Vertreibung aus dem Garten Eden ihrem Gewissen überliess. Das Gewissen diente den Menschen mangels ausdrücklicher Gesetze als Leitschnur für ihr Handeln. Dies wird beispielsweise in der Geschichte von Kain und Abel deutlich: Kain ergrimmte (zu Unrecht) und sein Angesicht senkte sich (1. Mose 4, 5). Daraufhin fragt ihn der Herr: Warum bist du ergrimmt, und warum hat sich dein Angesicht gesenkt? 7 Ist es nicht so, dass es sich erhebt, wenn du recht tust? Und wenn du nicht recht tust, so lagert die Sünde vor der Tür. 1. Mose 4, 6. 7. Kain wusste also, dass seine Haltung nicht richtig war vor dem Herrn – davon hatte ihn sein Gewissen überführt, bevor der Herr ihn darauf ansprach. Und doch handelte er entgegen Gewissen und Ermahnung Gottes: Er tötete seinen Bruder Abel (1. Mose 4, 8).

Nur wenige Generationen später war alles Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag 1. Mose 6, 5. Die Zustände waren so schlimm, dass es den Herrn reute, die Menschen gemacht zu haben, und dass es Ihn in Sein Herz hinein schmerzte (1. Mose 6, 6). Das war nicht etwa darauf zurückzuführen, dass das Gewissen in den Menschen nicht wirksam gewesen wäre, sondern vielmehr darauf, dass die Menschen nicht auf die Stimme des Gewissens hörten und nicht danach handelten. Möglich wäre das aber durchaus gewesen, wie die Geschichte Henochs beweist (1. Mose 5, 21–24). Mehrheitlich versagten die Menschen aber völlig. Sie liessen ihrer Bosheit freien Lauf und man ist versucht zu sagen, dass sie keine üble Tat ausliessen.

Wenn wir heute davon sprechen, dass das Gewissen der Menschen mehr und mehr verroht, dann bedenken wir nicht, dass dies gar nicht möglich ist. Das Gewissen funktioniert nach wie vor genau gleich wie schon zu Beginn der Zeiten. Man hört aber gemeinhin nicht darauf, sondern handelt nach eigenem Gutdünken. Und auch das ist nichts neues, sondern ein Mechanismus, wie er uns schon in der Geschichte Kains vorgestellt wird. Es ist nicht unsere Gesellschaft, die von Natur aus gute Menschen verroht und zu üblen Gesellen werden lässt. Nein, das Potential, die Auflehnung gegen den Willen Gottes und gegen das Gewissen, wohnt in uns von unserer Empfängnis weg (Ps 51, 5). Im Verlaufe unseres Lebens kommt dieses Potential bei allen zum Ausdruck, bei einigen mehr, bei anderen weniger – höchstens auf das Ausmass mag die Gesellschaft einen bedingten Einfluss haben. Aber die Quelle der Bosheit wohnt in unseren Herzen (Jer 17, 9; Mt 12, 34; Mt 15, 19; Mk 7, 21). Das war damals so, und das ist heute noch so. Machen wir uns nichts vor! Weder waren die früheren Zeiten besser als die heutigen – die Menschen waren damals schon verdorben in ihren Herzen –, noch sind wir heute «weiter»/«zivilisierter» als die früheren Generationen.

Die Zeit von Abel bis Noah ist eine eindrückliche Veranschaulichung dieser Tatsache, ein Beweis dafür, dass die Menschen nicht in der Lage sind, gemäss ihrem Gewissen zu wandeln oder von sich aus einen gottgemässen Wandel an den Tag zu legen. Wiederum endete dieser Abschnitt der Geschichte mit einem Gericht, mit der Grossen Flut, die alle Menschen bis auf acht verschlang (1. Mose 6. 7). Die Arche, die Noah im Auftrag des Herrn zuvor gebaut hatte, und in der diese acht Menschen die Flut überlebten, ist wiederum ein schöner Hinweis auf das Werk des Herrn Jesus am Kreuz: Er ist es, der die Menschen vor dem kommenden Gericht über die Lebenden und die Toten bewahren kann, Er allein. Wer Seine ausgestreckte Hand ergreift, wer von diesem (wiederum) von Gott verordneten Mittel Gebrauch macht, mithin allein auf Gott vertraut, wird errettet. Alle anderen Mittel versagen, und wer nicht in der Arche Platz nimmt, wird ertrinken.

Eine erste Form von Regierung

Durch das von Gott zur Verfügung gestellte Mittel, die Arche, überstehen Noah und seine Familie das Gericht über diese Welt schadlos und finden sich auf einer gleichsam erneuerten Erde wieder. Doch es handelte sich dabei (noch) nicht um eine vollständige Wiederherstellung aller Dinge, denn schon unmittelbar nach dem Gericht lesen wir von Furcht und Schrecken (1. Mose 9, 2) und von Tod (1. Mose 9, 3). Das sind Realitäten für die jetzige Welt, die auch nach der Flut im Grunde noch immer dieselbe ist, obwohl dies ursprünglich nicht geplant und nicht im Sinne Gottes war. Es wird aber ein weiteres Gericht geben (vgl. 2. Petr 3, 7), dann aber auch eine völlige Wiederherstellung aller Dinge (Apg 3, 21). Erst dann werden wirklich alle Folgen der Sünde ausgelöscht werden.

Weil dies nach der Flut noch nicht der Fall war und weil die Menschen, allein auf ihr Gewissen angewiesen, völlig versagt und schweres Gericht über die ganze Erde gebracht hatten, gab der Herr in Seiner Gnade den Menschen ein weiteres Mittel zur Bekämpfung der Sünde: Eine erste Form von Regierung: 6 Wer Menschenblut vergiesst, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden; denn im Bild Gottes hat er den Menschen gemacht 1. Mose 9, 6. Dieses Gebot darf nicht mit Blutrache oder ähnlichem verwechselt werden. Der Herr gebot gerade nicht, dass ein Einzelner den Tod eines andern mit einem weiteren Totschlag sühnen sollte, sondern, und das ist ein wichtiger Unterschied, nur generell, dass, wer Menschenblut vergiesst, durch die Hand von Menschen sterben sollte, weil Gott selbst das Blut eines solchen forderte (1. Mose 9, 5). Die Umsetzung dieses Gebotes erforderte deshalb die Errichtung einer Form von Regierung, eines Gemeinwesens, das in hoheitlicher Weise die von Gott verordnete Strafe auf Totschlag vollstrecken sollte. Die Menschen waren gehalten, zumindest diese ganz besondere Aufgabe einem Hoheitsträger («Staat») zu übertragen. Das zeigt sich insbesondere mit Blick auf das Gesetz, das später Israel gegeben wurde: Wo immer für ein Vergehen die Todesstrafe angeordnet wurde, wurde einer Gemeinschaft die Vollstreckung der Strafe auferlegt (vgl. z. B. 3. Mose 20, 2; 3. Mose 24, 14–16; 4. Mose 15, 35; 5. Mose 21, 21; 5. Mose 22, 21). Diese Unterscheidung ist wichtig: Für Einzelne gilt das Gebot, nicht zu töten; einer Gemeinschaft wird hingegen für schwere Vergehen das Gebot auferlegt, den Täter zu töten. Gleicherweise darf in Friedenszeiten kein Blut vergossen werden, was in Kriegszeiten – zumindest in Israel – so nicht galt (vgl. 1. Kön 2, 5).

Damit konnte die Gewalttat auf Erden dann tatsächlich auch eingedämmt werden; die Bosheit nahm nicht mehr derart überhand wie vor der Flut. Doch schon bald zeigte sich, dass die Menschen dieses von Gott zur Verfügung gestellte Mittel nicht nur in Seinem Sinne gebrauchten, sondern es auch zu eigenen Zwecken missbrauchten. Nimrod, ein Einzelner, wurde nur wenige Generationen später ein Gewaltiger auf Erden (1. Mose 10, 8) und gründete ein eigenes Reich (1. Mose 10, 10). Der Anfang dieses Reiches war Babel (1. Mose 10, 10), wo die Menschen dann später überein kamen, sich einen Turm zu bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reichen sollte (1. Mose 10 4). Damit wollten sich die Menschen selbst einen Namen schaffen (1. Mose 10, 4). Gleichzeitig begannen sie in diesen Tagen, Götzen zu dienen (Jos 24, 2), erfundenen Wesen, die sie an die Stelle des einzigen Gottes setzten (hinter Götzen stehen Dämonen; vgl. 1. Kor 10, 19. 20).

Die Menschen nahmen also das Mittel Gottes zur Eindämmung der Gewalttat, die Einsetzung einer Regierung, zum Anlass, um sich letztlich gegen Ihn zusammenzurotten, um sich selbst und ihre eigenen Götter zu verherrlichen. Ja, die Menschen schlossen sich zusammen, um Gott Konkurrenz zu machen, um alles erreichen zu können, was sie wollten (1. Mose 11, 6). Es war nicht ihr Wunsch, zu erreichen, was Gott wollte, sondern nur, was sie selbst wollten. Gewalttat und Bosheit hatten zwar nicht mehr derart erschreckende Ausmasse wie vor der Flut angenommen, aber in ihren Herzen hatten sich die Menschen noch viel weiter von Gott entfernt als schon zuvor.

Und wieder musste Gott deshalb Gericht über die Erde bringen. Weil sich die Menschen gegen Ihn zusammengerottet hatten, zerstreute Er sie über die Erde und verwirrte ihre Sprache (1. Mose 11, 7. 8). Mit ihrem Handeln hatten die Menschen somit genau das herbeigeführt, was sie durch ihr Tun verhindern wollten (vgl. 1. Mose 11, 4). So ist es oft: Wenn wir meinen, wir seien klüger als Gott, werden wir am Ende einsehen müssen, dass Er es eben doch besser weiss. Die Bibel gebraucht klare Worte: 12 Da ist ein Weg, der einem Menschen gerade erscheint, aber sein Ende sind Wege des Todes Spr 14, 12; Spr 16, 25.

Die Berufung Abrahams

In 1. Mose 12, 1. 2 finden wir einen völlig neuen Gedanken: Der Herr beruft einen einzelnen Mann, aus dem Land, aus der Verwandtschaft und aus dem Vaterhaus hinauszugehen, in ein unbekanntes Land, wo er zu einer grossen Nation gemacht werden und ein Segen sein soll. Zwar ist der Herr bereits mit Henoch anders verfahren als mit den übrigen Menschen zu seiner Zeit, doch hat Er ihn dann letztlich einfach unmittelbar vor der grossen Flut hinweggenommen, ohne ihn zu einer grossen Nation zu machen. Auch Noah wurde zwar vom Herrn in spezieller Weise berufen, doch wurden die übrigen Menschen durch die grosse Flut getötet, womit Noah dann gewissermassen wieder einen neuen Ausgangspunkt des gesamten Menschengeschlechts bildete. Bei Abraham war dies aber anders: Die übrigen Menschen blieben auf der Erde und konnten ihr Treiben unbehelligt fortführen, während Abraham herausberufen wurde als Anfang eines neuen, von den übrigen Menschen abgesonderten Geschlechts.

Erkennen wir den Unterschied zur Berufung Noahs? Bei Noah traf alle andern Menschen unmittelbar nach der Berufung Noahs bzw. der Fertigstellung der Arche das Gericht Gottes, sodass sie allesamt ausgerottet wurden. Bei Abraham hingegen trat kein Gericht ein; die Menschen lebten einfach ihr Leben weiter, wohl ohne zu bemerken, dass sich die Beziehung zwischen ihnen und dem Herrn grundlegend gewandelt hatte. Das brachte für Abraham auf der anderen Seite mit sich, dass er sich forthin von den übrigen Menschen absondern musste, ohne jedoch den Kontakt zu ihnen gänzlich zu vermeiden. Mit dieser Schwierigkeit wurde Noah nicht konfrontiert: Es gab nach der Flut nur noch ihn und seine Familie.

Obwohl die Menschen also kein fühlbares Gericht Gottes traf, stellte die Berufung Abrahams einen schwerwiegenden Schnitt im Handeln Gottes mit ihnen dar: Zuvor hatte Er mit ihnen allen gehandelt, hatte ihnen Mittel zur Verfügung gestellt, mit denen sie einen Ihm wohlgefälligen Wandel hätten an den Tag legen können; nun aber überliess Er sie gleichsam sich selbst, um nur noch mit Abraham und dessen Nachkommen zu handeln. Die andern Menschen blieben, wie erwähnt, sich selbst überlassen, was vielleicht nicht weiter tragisch klingt, es aber sehr wohl ist. Denn wenn die Menschen sich selbst überlassen bleiben, wird ihr Ende der Tod sein, wie das obige Zitat von Spr 14, 12 und Spr 16, 25 zeigt.

Man mag nun vielleicht einwenden, dass es ungerecht von Gott sei, einen einzelnen Mann zu berufen und die übrigen Menschen sich selbst zu überlassen, wenn letzteres bedeutet, dass sie am Ende nur den Tod finden würden. Ein solcher Einwand wäre aber haltlos. Der Herr hat oft bezeugt, und die Geschichte hat es immer wieder bestätigt, dass es jedem einzelnen Menschen möglich ist, Gott zu finden und zu Ihm umzukehren. Beispielhaft sei hier nur auf die Stelle aus Mt 7, 7. 8 verwiesen, wo der Herr Jesus allgemeingültig sagt, dass jeder, der sucht, finden wird. Auf Abel, Henoch und viele weitere (insbesondere auch solche, die nicht zu Israel gehörten, während Gott eigentlich nur mit Israel handelte) hat dies denn auch zugetroffen. Wenn aber auch Einzelnen zu allen Zeiten immer derselbe Zugang zu Gott offen gestanden hat und immer noch offen steht, bedeutet das nicht, dass Gott noch mit einer bestimmten Gesamtheit von Menschen handelt. Die Möglichkeit, als Einzelner zu Gott umkehren zu können, darf nicht mit den Wegen, die Gott mit der Menschheit als Ganzes oder einer Gesamtheit von Menschen verfolgt, verwechselt werden. Deshalb ist es, obwohl Einzelne zu Ihm umkehren können, trotzdem schlimm, wenn eine Gesamtheit von Menschen nicht mehr länger Gegenstand des Handelns Gottes ist; die Gesamtheit wird so dem Verderben und dem Gericht entgegen gehen, während nur wenige aus dieser Gesamtheit vor diesem Ende bewahrt bleiben (wie Henoch vor der Flut).

Jedenfalls bedeutete die Berufung Abrahams, dass die Menschheit als Ganzes nicht in der Lage gewesen war, einen Gott wohlgefälligen Wandel an den Tag zu legen. Gott hätte den Menschen weitere Hilfen zur Verfügung stellen können, aber das hätte nichts genützt; sie hätten sie missbraucht oder wären doch nicht in der Lage gewesen, ihren Wandel an Seinem Willen auszurichten. Die Berufung Abrahams bewies demnach erstmals, dass der Zustand der Menschheit hoffnungslos war und immer noch ist. Dies wird weiter durch den Umstand verdeutlicht, dass Abraham nicht nur berufen, sondern vielmehr herausgerufen wurde: Die erste Aufforderung an ihn war, sein Land, seine Verwandtschaft und sein Vaterhaus zu verlassen. Abraham konnte nur entweder Gemeinschaft mit den andern Menschen oder Gemeinschaft mit Gott haben, aber nicht beides gleichzeitig, weil – wie wir gesehen haben – die Menschen sich bereits zu weit von Gott entfernt hatten und es keine Gemeinschaft zwischen Ihm und ihnen mehr geben konnte (vgl. Jes 59, 1. 2; 2. Kor 6, 14–18).

Letzteres ist eine ernste Tatsache, denn sie ist heute noch genauso gültig. Der Herr hat, wie wir noch sehen werden, Sein Handeln mit der Menschheit als Ganzes nicht mehr aufgenommen, sondern ab Abraham immer nur mit Herausgerufenen gehandelt. Die Trennung zwischen Berufenen und den übrigen hat seit Abraham Bestand und wird bis zum Ende der Zeiten Bestand haben, weshalb alle, die berufen worden sind, angehalten sind, sich von den übrigen abzusondern. Was mit dieser Absonderung gemeint ist, wird am Beispiel Abrahams schön aufgezeigt: Er führte sein Leben still für sich, mischte sich nicht in die Geschäfte der anderen Menschen ein, beteiligte sich nicht an ihren Projekten, wurde nie Teil eines menschlichen Systems, begegnete aber allen Menschen stets freundlich, war hilfsbereit und tat für sie Fürbitte. Er war kein Weltfremder, kein Eigenbrötler, enthielt sich aber jeglicher Beteiligung am Weltgeschehen. Das ist es, was noch heute von allen Herausgerufenen gefordert wird.

Um absolut deutlich zu machen, dass die Berufung Abrahams nicht nach Natur, sondern nach dem souveränen Willen Gottes war, schenkte der Herr dem Abraham erst dann den verheissenen Nachkommen, als sowohl er als auch seine Frau Sarah längst nicht mehr zeugungsfähig waren. Durch ihren Unglauben verdeutlichten Abraham und Sarah diese Tatsache noch zusätzlich, denn Abraham zeugte auf Anraten von Sarah mit Hagar zuerst einen Sohn, den er später verstossen musste – die Linie Gottes war nicht eine natürliche Linie (Ismael wäre der Erstgeborene gewesen; mit seiner Geburt verhielt es sich völlig natürlich), sondern eine göttliche Linie (Isaak war nicht der Erstgeborene; von Natur aus wäre seine Geburt nicht mehr möglich gewesen), die Linie des Glaubens.

Wie die spätere Geschichte zeigt, und wie in 1. Mose 22, 17 angedeutet wird, war diese Linie eine doppelte. Aus Abraham gingen nicht nur ein Volk hervor, sondern zwei: Israel als irdisches Volk (der Sand am Ufer des Meeres) und die Kirche Gottes als himmlisches Volk (die Sterne am Himmel). Darauf wird weiter unten noch näher eingegangen.

Gerade im Leben Abrahams wies später so viel auf die bestimmte Zeit, auf den Herrn Jesus, hin: Mit der Geburt Isaaks verhielt es sich wie mit Leben aus den Toten (Abraham und Sarah waren längst nicht mehr zeugungsfähig), dann musste Abraham seinen einzigen Sohn, den verheissenen, auf dem Altar opfern, von wo aus er dann aber wieder (im Gleichnis) aus den Toten auferstand (1. Mose 22, 1–19) und vieles mehr noch zeugt von Christo. Es ist wahrlich herzbewegend, die Geschichte Abrahams zu lesen, die überaus vielen Hinweise auf den Herrn Jesus zu sehen und daraus zu folgern, wie wertvoll Seine Tat am Kreuz für den Vater im Himmel gewesen sein muss. Ja, fast auf jeder Seite der gesamten Bibel erkennen wir Hinweise auf den Herrn Jesus, und es ist wahrlich so, dass Er der zentrale Gegenstand der Wertschätzung des Vaters im Himmel und damit auch der zentrale Gegenstand der Bibel ist.

Israel

Die göttliche Linie verlief von Abraham über Isaak zu Jakob, der auch Israel genannt wurde. Dieser war seinerseits der Stammvater des Volkes Israels. Abgesehen von den wiederholten Bestätigungen Gottes, dass Er Abraham, Isaak und Israel zu einem grossen Volk, zu Seinem Volk, machen würde, tat sich indes zunächst wenig. Alle drei Stammväter lebten ein stilles, bescheidenes Leben, und erst Jakob hatte viele Söhne (zwölf). Über einen seiner Söhne und dessen (aufgezwungene) Verbindungen zu Ägypten gelangten Israel und seine Söhne nach Ägypten, wo sich in der Folge über mehrere Generationen hinweg tatsächlich ein grosses Volk entwickelte.

Die Israeliten wurden mit der Zeit so zahlreich, dass sich die Ägypter vor ihnen fürchteten und sie entsprechend bedrückten. In einer Zeit überaus grosser Not griff der Herr dann wieder aktiv ins Geschehen ein: Er erfüllte den Bund, den Er mit Abraham geschlossen hatte, und befreite das Volk aus der Sklaverei Ägyptens. Diese Befreiung bildet gleichzeitig den Ausgangspunkt für einen weiteren besonderen Abschnitt der Geschichte, in welchem der Herr mit einem Volk in besonderer Weise handelte.

Doch die Israeliten konnten nicht einfach allein aufgrund der Tatsache, dass sie Nachkommen Abrahams waren, in die Gegenwart Gottes gelangen. Sie waren nicht besser als die Ägypter, wie sich allgemein die Unterschiede zwischen den Menschen im Hinblick auf den Massstab Gottes so weit relativieren, dass von allen gleicherweise gesagt werden muss, dass sie die Herrlichkeit Gottes nicht erreichen (Röm 3, 23). Doch es gab – abgesehen von der Berufung durch Abraham – zwei Unterschiede zwischen Israel und Ägypten: Erstens schrien die Israeliten in ihrer Not zum Herrn. Er hörte ihr Schreien und kam ihnen deshalb zu Hilfe (2. Mose 3, 7–9). Beachten wir, dass die Israeliten in diesem Zeitpunkt noch nicht passend gemacht waren für die Gegenwart Gottes; Seine Hilfe kam ihnen allein deshalb zu, weil sie in ihrer Not Seinen Namen anriefen. Jeder, wer er auch sei, wird nicht zuschanden werden, wenn er den Namen Gottes um Hilfe anruft (Ps 25, 3; Jes 49, 23; Röm 10, 11; 1. Petr 2, 6). Zweitens wurden die Israeliten für die Gegenwart Gottes passend gemacht. Wie dies geschah, wird in 2. Mose 12 geschildert und ist besonderer Betrachtung wert:

Wie um zu zeigen, dass die folgenden Anweisungen von grundlegender, erhabener Bedeutung sind, beginnt das Wort des Herrn an Mose und Aaron damit, dass der Monat, in welchem diese Anweisungen geschahen, fortan der erste Monat des Jahres sein sollte (2. Mose 12, 2) – was der Herr im Begriff stand zu tun, kam in seiner bildlichen Bedeutung tatsächlich einem völligen Neubeginn gleich, und es war durchaus passend, gleich die Zeitrechnung entsprechend anzupassen. Es verhält sich damit wie mit der bestimmten Zeit, die in unserem Kulturkreis ebenfalls zum Ursprungspunkt der Zeitrechnung geworden ist (wir rechnen in Jahren vor und nach Christus). Nachdem der Herr auf diese Weise klar gemacht hatte, wie bedeutend die nachfolgenden Anweisungen sein würden, folgen diese selbst.

Zentraler Gegenstand der Anweisungen ist das Lamm ohne Fehl (2. Mose 12, 5), das an einem bestimmten Tag geschlachtet werden sollte (2. Mose 12, 6). Die Israeliten sollten von seinem Blut nehmen und es an ihre Türpfosten streichen (2. Mose 12, 7), und das Fleisch noch in der selben Nacht verzehren, gebraten am Feuer, mit ungesäuertem Brot und bitteren Kräutern, die Lenden gegürtet, die Schuhe an den Füssen und den Stab in der Hand – in Eile (2. Mose 12, 8–11). Wie wird uns warm ums Herz, wenn wir diese Anweisungen lesen und dabei an den Herrn Jesus denken, an das vollkommene Lamm Gottes ohne Fehl, das die Sünde der Welt weggenommen hat (Joh 1, 29)! Ja, der Herr Jesus ist in diese Welt gekommen, um deinen Willen, o Gott, zu tun Hebr 10, 7, nahm Knechtsgestalt an, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist Phil 2, 7, hat sich selbst erniedrigt, indem er gehorsam wurde bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz Phil 2, 8, wurde im Feuer des Gerichts gebraten, hat den Kelch bis zum letzten, bitteren Schluck ausgetrunken, hat Sein Blut zur Sühnung der Sünden vergiessen lassen. Anbetungswürdiger Heiland! Er, der alle Macht und alles Recht gehabt hätte, uns arme Sünder zu vertilgen, uns dem Erdboden gleich zu machen, hat sich durch unsere Hände ans Kreuz schlagen, durchbohren lassen und am Kreuz Sühnung für unsere Schulden getan! Wer mag das fassen?

Wer irgend von Seinem Blut nimmt und seine Türpfosten damit bestreicht, wer Sein Fleisch verzehrt, mit ungesäuertem Brot und bitteren Kräutern, die Lenden gegürtet, die Schuhe an den Füssen und den Stab in der Hand – ihm wird es gleich ergehen wie den Israeliten, die in dieser Weise am Passah teilgenommen haben: Und sehe ich das Blut, so werde ich an euch vorübergehen; und es wird keine Plage zum Verderben unter euch sein, wenn ich das Land Ägypten schlage 2. Mose 12, 13. Was bedeuten nun diese in geistlicher Hinsicht zu deutenden Anordnungen? Nun, wie bereits erwähnt, waren die Israeliten keinen Deut besser als die Ägypter. Sie hätten nicht in die Gegenwart Gottes gelangen können, ohne augenblicklich sterben zu müssen. Ja, durch die Sünde in ihren Herzen, die genauso wirksam war wie in den Herzen der Ägypter und in unseren Herzen, waren sie so weit von Gott entfernt, wie man nur von Ihm entfernt sein kann. Das bedeutete wiederum zweierlei: Erstens waren sie – wie die Ägypter, wie wir alle – dem Gericht Gottes verfallen; zweitens mussten erst Sünde (als eine im Herzen wirksame Macht) und Sünden (als aus der Sünde resultierende Taten im Widerspruch zum Willen Gottes) beseitigt werden, bevor sie Gott nahen konnten. Das Gericht Gottes war angekündigt: 12 Und ich werde in dieser Nacht durch das Land Ägypten gehen und alle Erstgeburt im Land Ägypten schlagen vom Menschen bis zum Vieh, und ich werde Gericht üben an allen Göttern Ägyptens, ich, der Herr 2. Mose 12, 12. Es hätte alle gleichermassen getroffen, Ägypter wie Israeliten. Doch in Seiner unendlichen Gnade verordnete Gott ein Heilmittel, das sowohl geeignet war, das Gericht vorübergehen zu lassen, als auch die Israeliten für Seine Gegenwart passend zu machen: Das Lamm ohne Fehl, geopfert nach Seiner Anordnung.

Wir haben bereits gesehen, dass es ohne Blutvergiessen keine Vergebung gibt. Wenn nicht unser Blut fliessen soll, muss das Blut eines Stellvertreters fliessen, eines von Gott verordneten Stellvertreters. Ein solcher Stellvertreter war das Lamm ohne Fehl, das von Gott verordnet wurde, wiederum mit Blick auf den Herrn Jesus. Wer es nach Seiner Anweisung opferte und die Türpfosten mit seinem Blut bestrich, signalisierte damit, dass er ein Sünder war und Vergebung benötigte, dass seine Hilfe allein in Gott zu finden ist, dass es ein Opfer zur Sühnung der Sünde braucht, dass er gewillt war, nach dem Willen Gottes zu handeln, um vom Gericht verschont und von der Sünde befreit zu werden. Wer das Lamm in Eile ass, die Lenden gegürtet, die Schuhe an den Füssen und den Stab in der Hand, signalisierte, dass er bereit war, einen neuen Weg einzuschlagen und auch tatsächlich zu betreten und zu gehen, völlig zu Gott umzukehren und seinen weiteren Lebensweg nicht mehr selbst zu wählen, sondern im Gehorsam gegenüber Gott zu gehen. Wer diese Haltung hatte, blieb vom Gericht verschont und war passend gemacht, um zum Volk Gottes zu gehören, Ihm zu nahen.

Liebe Leser, genau dasselbe ist heute noch wahr! Wir armen Menschen meinen, wir könnten unser Leben in Freiheit leben, wir seien nicht abhängig von Gott und wüssten selbst am besten, was gut für uns ist und was nicht – ja, wir meinen, wir seien schon in Ordnung, und wenn es etwas in unseren Leben gibt, das nicht optimal ist, dann sei es nicht so gravierend, wir hätten trotzdem noch einen Anspruch darauf, nach unserem Tod in die Herrlichkeit Gottes einzugehen. Aber das ist nicht wahr! Wir sind eben gerade nicht in Ordnung. Obwohl wir völlig von Gott abhängig sind – denken wir doch nur an die Luft, die wir zum Atmen benötigen! –, haben wir uns von Ihm entfernt, handeln wir in Rebellion gegenüber Seinem offenbaren Willen und begeben wir uns damit in die Sklaverei der Sünde (Joh 8, 34). Unseren widerspenstigen Herzen folgend reihen wir Sünde an Sünde, bis wir einen riesigen Berg angehäuft haben, den wir, selbst wenn es möglich wäre, nie mehr abtragen könnten. Und dann, eines Tages, sterben wir in unseren Sünden und Vergehungen und finden uns im Gericht wieder, wo wir die gerechte Strafe für unsere bösen Taten empfangen werden. Seien Sie doch ehrlich zu sich selbst! Können Sie sich sicher sein, dass Sie im Gericht bestehen werden? 3 Wenn er Lust hat, mit ihm zu streiten, so kann er ihm auf tausend nicht eins antworten Hiob 9, 3.

Doch weil der Herr nicht will, dass auch nur ein Mensch verloren gehe (1. Tim 2, 4; 2. Petr 3, 9), hat Er ein Heilmittel verordnet, ein Mittel, das geeignet ist, uns vor dem Gericht zu bewahren, die Macht der Sünde zu brechen und unsere Sünden zu sühnen. Dieses Mittel ist der stellvertretende Tod des Herrn Jesus, das kostbare Blut, das anstelle unseres Blutes vergossen wurde. Weil Ihn das Gericht bereits getroffen hat, trifft es den nicht mehr, der sich an Ihn hält; weil der, der sich an Ihn hält, als mit Ihm gestorben gilt, hat die Sünde keine Macht mehr über ihn; weil Sein Blut vergossen wurde, sind die Sünden gesühnt. Der Herr hat alles getan, was notwendig ist, damit ein Mensch zu Ihm zurückkehren und nach dem Tod – und auch schon vor dem Tod, allerdings noch nicht vollkommen – in die Herrlichkeit eingehen kann. Ja, Er streckt jedem einzelnen Mensch die Hand so weit entgegen, dass sie der Mensch nur noch ergreifen muss:

Es benötigt keine Werke und Taten von unserer Seite, denn 10 Durch diesen Willen sind wir geheiligt durch das ein für alle Mal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi Hebr 10, 10, und es braucht keinen übermenschlichen Glauben, sondern schlicht nur Vertrauen auf Ihn und auf Sein Wort. Wenn wir – bildlich gesprochen – die Türpfosten mit Seinem Blut bestrichen haben, hat dies Gültigkeit, ob wir nun gelassen oder vor Angst zitternd hinter der Türe warten, bis der Würger vorübergegangen ist. Wir müssen einfach darauf vertrauen, dass es sich so verhält, wie Er sagt: 9 Dass, wenn du mit deinem Mund Jesus als Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, du errettet werden wirst Röm 10, 9. Hand in Hand mit diesem Glauben (Vertrauen) geht der Wunsch, das bisherige Leben, das ja als im Widerspruch zu Seinem Willen stehend erkannt worden ist, nicht mehr so weiterzuführen. Weil wir versagt haben und in einer Sackgasse gelandet sind, sind wir nicht nur bereit, sondern froh und dankbar, wenn Er uns den Weg zeigt, den wir fortan gehen sollen, denn dieser Weg wir nie in eine Sackgasse führen, sondern vielmehr in die Herrlichkeit. Ja, mehr ist nicht nötig; es ist wirklich so, dass wir nur die weit ausgestreckte Hand Gottes ergreifen sollen. Dies sollte aber nicht hinausgeschoben werden, denn wer von uns weiss schon, wieviel Zeit ihm noch bleibt?

Obwohl seit der Verheissung an Abraham als Volk Gottes berufen, wurde Israel erst durch das Passah wirklich zum Volk Gottes. Auch heute wird man weder durch Abstammung noch durch sonst etwas Teil des Volkes Gottes als nur durch die Errettung auf der Grundlage des Werkes des Herrn Jesus am Kreuz. Unmittelbar auf das Passah folgte dann aber noch ein zweiter Schritt: Israel ging durch das Rote Meer hindurch und wurde so endgültig von Ägypten abgeschnitten. Ab diesem Zeitpunkt waren die Israeliten tatsächlich ein für Gott abgesondertes Volk mitten unter anderen Völkern, mit denen Gott jedoch nicht mehr in derselben Weise handelte. Die Verheissung an Abraham hatte sich (zum ersten Mal) vollumfänglich erfüllt.

Das Gesetz

Die Geschichte Israels entwickelte sich dann aber in eine andere Richtung weiter, weshalb hier eine Unterteilung mit einem neuen Abschnitt erfolgt. Nochmals ist in Erinnerung zu rufen und zu ergänzen, dass der Herr Israel aufgrund der Verheissung an Abraham und aufgrund seiner Not zu einer bestimmten Zeit erlöste und errettete, um es dann – alles allein auf der Grundlage Seiner Gnade, nicht auf der Grundlage eines natürlichen Vorzuges oder besonderer Werke – in ein gutes Land zu führen und innige Gemeinschaft mit ihm zu haben. Damit hätte das nach der Flut eingeführte Mittel der Regierung eine konkretere Form angenommen: Der Herr hätte direkt als König über ein abgesondertes Volk geherrscht und so in begrenztem Umfang direkte Regierungsgewalt auf Erden ausgeübt und mit diesem einen Volk – zum Vorbild für alle anderen Völker – gehandelt. Diesem Volk hätte Er Opfer zur Bedeckung von Sünden, Priester zur Fürbitte und den Tempel zur Gemeinschaft mit Ihm gegeben.

Doch die Israeliten verkannten die Grundlage des Handelns Gottes mit ihnen und stellten sich schon in der Wüste auf einen anderen Boden, nämlich denjenigen des Gesetzes. Ein Gesetz ist ein festes Gefüge von Prinzipien auf der Grundlage von Ursache und Wirkung: Diese Handlung führt zu diesem Erfolg, jene zu einem anderen. Wer den Zehnten von seinen Einnahmen treu dem Herrn darbringt, wird materiell gesegnet, wer dies nicht tut, wird verarmen; wer seinen Nächsten ermordet, ist selbst des Todes usw. Wer unter Gesetz ist, hat für bestimmte Taten Anspruch auf eine bestimmte Belohnung und für bestimmte Taten entsprechende Strafen zu fürchten. Dieses Prinzip läuft demjenigen der Gnade Gottes völlig entgegen, denn Gnade Gottes bedeutet, dass der Herr aus einem Grund, der allein in Ihm zu finden ist, etwas gibt, mit dem gehandelt werden kann, während Gesetz bedeutet, dass man aus sich selbst handelt, um vom Herrn etwas zu erhalten. Es gibt deshalb nur entweder Gnade oder Gesetz/Lohn (Röm 11, 6). Dies ist überaus wichtig zu verstehen.

Der Herr liess es zu, dass sich Israel auf den Boden des Gesetzes stellte, und zwar aus einem bestimmten Grund: Durch Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde Röm 3, 20. Das Gesetz wurde als Zuchtmeister gegeben (Gal 3, 24), damit Israel erkennen würde, dass es selbst unter den herausragenden Bedingungen, die Gott dem Volk bot (Absonderung von den übrigen Völkern, unmittelbare Gemeinschaft mit Ihm, Regierung durch Ihn, Opfer, Priester, Tempel), nicht möglich ist, ein Leben zu führen, dass voll und ganz dem Willen Gottes entspricht. Die Herrschaft des Gesetzes war gleichsam der letzte Beweis, dass der Mensch aus sich selbst nicht in der Lage ist, die Herrlichkeit Gottes zu erlangen (Röm 3, 23), dass jeder, der es mit eigenen Mitteln versucht, letztlich nur des Todes ist (Gal 3, 10).

Und wie tief ist denn Israel auch gefallen! Ja, am Ende sank Israel gar unter das Niveau der übrigen Nationen und verübte noch schlimmere Gräuel als diese (Hes 23), sodass der Herr den Staat Israel aufheben und die Israeliten in die Verbannung führen musste (2. Kön 17; 2. Chron 36). Ein kleiner Überrest durfte zwar einige Jahre später durch die Gnade des Herrn in das Land zurückkehren, doch richtete der Herr Seine Regierung nicht mehr in gleicher Weise auf, es blieb dabei, dass mit der Wegführung die Zeiten der Nationen Lk 21, 24 begonnen hatten, die auch heute noch andauern. Damit ist gemeint, dass es kein Volk mehr gibt, das direkt vom Herrn regiert wird. Aus diesem Überrest gingen dann aber jene Juden hervor, die den Herrn Jesus ans Kreuz nageln liessen – damit erbrachten sie den letzten Beweis, dass sie nicht fähig waren, den Willen Gottes zu tun. Dazu unten noch mehr.

Hier sollen noch kurz zwei Gleichnisse des Herrn Jesus betrachtet werden, welche je eine Darstellung der Zeit des Gesetzes enthalten. Das erste ist der Gleichnis vom Hochzeitsmahl in Mt 22:

2 Das Reich der Himmel ist einem König gleich geworden, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichtete. 3 Und er sandte seine Knechte aus, die Geladenen zur Hochzeit zu rufen; und sie wollten nicht kommen. 4 Wiederum sandte er andere Knechte aus und sprach: Sagt den Geladenen: Siehe, mein Mahl habe ich bereitet, meine Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, und alles ist bereit; kommt zur Hochzeit. 5 Sie aber kümmerten sich nicht darum und gingen hin, der eine auf seinen Acker, der andere an seinen Handel. 6 Die Übrigen aber ergriffen seine Knechte, misshandelten und töteten sie. 7 Der König aber wurde zornig und sandte seine Heere aus, brachte jene Mörder um und setzte ihre Stadt in Brand. 8 Dann sagt er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Geladenen waren nicht würdig; 9 so geht nun hin auf die Kreuzwege der Landstrassen, und so viele irgend ihr findet, ladet zur Hochzeit. Mt 22, 2–9

Es gäbe vieles über dieses so aussagekräftige Gleichnis zu schreiben, doch sollen hier nur folgende Anmerkungen angebracht werden: Der zentrale Gedanke des Gleichnisses ist die Wertschätzung der Menschen für das, was Gott mehr als alles wertschätzt, nämlich Seinen Sohn, zu dessen Ehren Er ein Fest veranstalten will. Da gibt es zunächst die geladenen Gäste, das ist Israel, das aus allen Völkern nach Verheissung herausgerufen worden ist. Obwohl zum Fest geladen, wertschätzten die Israeliten den Sohn nicht: Sie wollten nichts vom Fest wissen (Mt 22, 3). Dann, nach Seinem Tod ein zweites Mal berufen – dieses Mal war alles bereit, beim ersten Mal noch nicht, was sich auf Sein Werk am Kreuz bezieht –, brachten sie nur faule Ausreden vor oder machten sich sogar daran, die Knechte zu misshandeln und zu töten (Mt 22, 4–6). Daraufhin liess der Herr ihre Stadt niederbrennen (Mt 22, 7; Erfüllung im Jahre 70 n. Chr. mit der Zerstörung Jerusalems durch Titus). Wir sehen, dass die besonderen Vorrechte wie auch das Gesetz die Zuneigung der Israeliten zum Herrn nicht wecken konnten. Noch schlimmer stellt sich die Sache aber bei Betrachtung des zweiten Gleichnisses dar, bei jenem von den Weingärtnern in Mt 21:

Es war ein Hausherr, der einen Weinberg pflanzte und einen Zaun darum setzte und eine Kelter darin grub und einen Turm baute; und er verpachtete ihn an Weingärtner und reiste ausser Landes. 34 Als aber die Zeit der Früchte nahte, sandte er seine Knechte zu den Weingärtnern, seine Früchte in Empfang zu nehmen. 35 Und die Weingärtner nahmen seine Knechte, einen schlugen sie, einen anderen töteten sie, einen anderen steinigten sie. 36 Wiederum sandte er andere Knechte, mehr als die Ersten; und sie taten ihnen ebenso. 37 Zuletzt aber sandte er seinen Sohn zu ihnen und sagte sich: Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen. 38 Als aber die Weingärtner den Sohn sahen, sprachen sie untereinander: Dieser ist der Erbe; kommt, lasst uns ihn töten und sein Erbe in Besitz nehmen! 39 Und sie nahmen ihn, warfen ihn zum Weinberg hinaus und töteten ihn. Mt 21, 33–39

Der zentrale Gedanke dieses Gleichnisses ist die Treue der Verwaltung der Dinge Gottes. Wir sehen, dass der Herr perfekte Bedingungen geschaffen hatte (Mt 21, 33) und dann aber auch entsprechende Früchte erwartete (Mt 21, 34). Das ist der Gedanke des Gesetzes: Die Menschen vollbringen gute Taten, die vom Herrn erwartet werden, und erhalten dafür etwas; betont wird hier aber auch, dass die Bedingungen für solche Frucht – wie erwähnt – perfekt waren. Doch da gab es keine guten Früchte: Die Knechte des Herrn (die Propheten) wurden geschlagen, getötet und gesteinigt (Mt 21, 35. 36). Ja, was Gott den Israeliten in Seiner Gnade anvertraut hatte, betrachteten sie (obwohl sie nur Pächter waren) als ihr Eigentum! Gleichzeitig wichen sie so weit von Seinem Weg ab, dass sie Ihm letztlich feindlich gesinnt waren und Ihm Sein Eigentum vorenthalten wollten! Stellen wir uns das einmal vor! All das gipfelte darin, dass sie zuletzt Seinen einzigen Sohn töteten (Mt 21, 37–39). In Mt 2 sehen wir die reale Entsprechung dieser Tatsachen: Herodes bedient sich der Schriftgelehrten, um den verheissenen Messias töten zu lassen, damit er an der Macht bleiben kann! Schrecklich!

Wir sehen also, dass das Gesetz nicht geeignet war, die Menschen näher zu Gott zu bringen. Das Gesetz deckte einzig, aber dafür umso schonungsloser auf, wie schlecht es um die Menschen bestellt ist, selbst wenn sie unter besten Bedingungen leben können. Sie wollen nichts vom Herrn wissen, fühlen sich nicht zu Ihm hingezogen und bleiben bis zum Schluss widerspenstig. Liebe Leser, führen Sie sich bitte vor Augen, was das bezogen auf Sie selbst bedeutet: Sie werden Gott nicht durch gute Werke nahen können! Das Gesetz verlangt, dass alle Dinge beachtet werden, und nur, wer alles perfekt erfüllt, wird leben (Gal 3, 10); schon der kleinste Verstoss bedeutet Bruch des gesamten Gesetzes (Jak 2, 10. 11). Deshalb sind alle, die unter Gesetz sind, des Todes – denn niemand kann alles erfüllen (Gal 3, 10). Und gute Taten gleichen schlechte Taten nicht aus, das ist auch im weltlichen Recht so. Die Lage des Menschen ist, sofern er allein auf sich selbst gestellt ist, hoffnunglos, wie wir sogleich nochmals noch deutlicher sehen werden.

Die bestimmte Zeit

Wir haben bereits gesehen, dass nach den Zeiten, die wir soeben in aller Kürze betrachtet haben, eine ganz besondere Zeit kommen sollte: 4 Als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau, geboren unter Gesetz Gal 4, 4; jetzt aber ist er einmal in der Vollendung der Zeitalter offenbart worden zur Abschaffung der Sünde durch sein Opfer Hebr 9, 26; 6 denn Christus ist, da wir noch kraftlos waren, zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben Röm 5, 6 – die Auswahl der Verse basiert auf einer Übersichtsgrafik, die viele weiterführende, interessante Details enthält und zu finden ist unter: www.soundwords.de/images/Einschub.asp. Die Geburt und der Tod des Herrn Jesus als Mensch auf dieser Erde sowie die Zeitspanne dazwischen ist unter mehreren Gesichtspunkten als ganz besondere Zeit zu werten: Zunächst einmal ist der Herr Jesus die grösste, vollkommenste Offenbarung Gottes aller Zeiten: 1 Nachdem Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in den Propheten, 2 hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet im Sohn Hebr 1, 1. 2; 9 das war das wahrhaftige Licht, das, in die Welt kommend, jeden Menschen erleuchtet Joh 1, 9. Dies zeigt sich auch besonders schön in den Worten, die der Herr Jesus dem Thomas auf dessen Frage, wie man den Weg, den der Herr gehen würde, kennen soll, entgegnete:

Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich. 7 Wenn ihr mich erkannt hättet, würdet ihr auch meinen Vater erkannt haben; und von jetzt an erkennt ihr ihn und habt ihn gesehen. 8 Philippus spricht zu ihm: Herr, zeige uns den Vater, und es genügt uns. 9 Jesus spricht zu ihm: So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen, und wie sagst du: Zeige uns den Vater? Joh 14, 6–9

Ja, 18 niemand hat Gott jemals gesehen, doch der eingeborene Sohn, der im Schoss des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht Joh 1, 18. Wer den Herrn Jesus kennt, der weiss, wie der Vater ist, der kennt den Vater, denn 30 ich und der Vater sind eins Joh 10, 30. Die ersten Menschen hatten Gott als Schöpfer gekannt, Israel hatte Er sich als König und Gesetzgeber offenbart, aber mit der Geburt des Herrn Jesus wurde Er den Menschen in einer völlig neuen Weise und sehr viel umfassender bekannt gemacht als je zuvor: Er offenbarte Seine Güte und Barmherzigkeit (vgl. Apg 10, 38), zeigte sich als liebender Vater und als Erlöser und Erretter. Was wir über Ihn wissen müssen, das wissen wir, wenn wir den Herrn Jesus betrachten, Sein Leben, Sein Sterben, Seine Worte, Seine Taten. Die Offenbarung Gottes in der Person des Herrn Jesus ist umfassend genug um uns alles wissen zu lassen, was wir wissen müssen.

Doch nicht nur wegen der grossartigen Offenbarung wird die Zeit der Geburt des Herrn Jesus als die bestimmte Zeit bezeichnet, sondern auch noch aus anderen Gründen: In der Person des Herrn Jesus prüfte der Herr die Menschen ein letztes Mal. Nachdem sie im Zustand der Unschuld, unter Leitung des Gewissens, unter Regierung und unter Gesetz versagt hatten, kam Er selbst in ihre Mitte um zu prüfen, was in ihren Herzen sei. Doch wie wir gesehen haben: Das Interesse an Seiner Ehre war gering (Gleichnis vom Hochzeitsfest) und – schlimmer noch – man nahm Seine Anwesenheit zum Anlass, um Ihn gleich «ganz loszuwerden». 11 Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an Joh 1, 11. Er kam den Menschen ungelegen: Die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse. 20 Denn jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht blossgestellt werden Joh 3, 19. 20. Seine Güte und Barmherzigkeit, das Licht, das von Ihm ausging, all das war so unvereinbar mit dem Wesen der Menschen, dass sie sich Seiner so rasch als möglich entledigen wollten. So gesehen war Er die vollkommene Prüfung dafür, inwiefern sich das Wesen der Menschen mit dem Wesen Gottes noch vereinbaren lässt, wie weit sich die Menschen von Ihm und Seinem Willen entfernt haben. Das Ergebnis dieser Prüfung war, wie erwähnt, niederschmetternd. Da gab es nichts, das sich mit dem Wesen des Herrn Jesus noch hätte vereinbaren lassen. Die Folge war die vollkommene Ablehnung Seiner Person. Auch deshalb wird die Zeit Seines Auftretens als die bestimmte Zeit bezeichnet, denn nie hat sich klarer gezeigt, dass die Menschen sich völlig von Gott entfernt haben, dass sie keineswegs gemäss Seinem Willen handeln.

Dann müssen wir aber auch beschämt gestehen, dass zur bestimmten Zeit mehr als je zuvor oder danach die Bosheit unserer Herzen offenbart wurde. Der Herr Jesus ging umher, wohltuend und alle heilend, die von dem Teufel überwältigt waren Apg 10, 38. Er diente den Menschen, doch dafür erntete Er nur Hass und Zorn. Ja, das ging so weit, dass sie Ihn umbringen wollten, nach Seinem Blut schrien (Mt 27, 23–26). Damit aber nicht genug, denn als Er schon am Kreuz hing, geschunden und gefoltert, da verspotteten und verschmähten sie Ihn noch (Mt 27, 39–44). Liebe und Barmherzigkeit wurden mit Hass, Zorn und Mord beantwortet!

Man hat in der Geschichte den Juden den Vorwurf gemacht, den Herrn Jesus gekreuzigt zu haben. Dieser Vorwurf greift zu kurz. Es waren zwar die Juden, die Seine Kreuzigung verlangten, aber es waren die Römer, die darüber befanden, es war ein Römer, der das endgültige Urteil fällte und vollstrecken liess, es waren Römer, die es ausführten. Aber es wäre nun genauso verkürzt zu sagen, die Römer oder die Römer und die Juden seien für den Tod des Herrn Jesus verantwortlich. Denn würde der Herr Jesus heute geboren werden und unter uns die Taten vollbringen, die Er damals vollbrachte, und die Worte sprechen, die Er damals sprach, Er würde genau denselben Hass ernten und genau gleich dem Tode überliefert werden. Denn in unseren Herzen steckt – wir haben es gesehen – genau dieselbe Auflehnung gegen Gott, genau dieselbe Bosheit, genau dieselbe Finsternis wie in den Herzen der Menschen zu jener Zeit und zu allen Zeiten. In Röm 3 finden wir eine erschreckende, aber absolut zutreffende Beschreibung dessen, was in unseren Herzen ist. Wer ehrlich zu sich selbst ist, wird bestätigen müssen, dass das Urteil Gottes auch auf ihn selbst zutrifft.

Natürlich gibt es gewaltige Unterschiede zwischen den Menschen. Es gibt Menschen, die der Bosheit freien Lauf lassen, Diktatoren, die Tausende von Menschen ohne Bedenken dem Tod überliefern lassen, Verbrecher und böse Menschen auf der einen Seite, und Menschen, die ihren Nächsten nichts Böses tun, in Frieden leben und die geltenden Gesetze beachten und sich für Benachteiligte einsetzen auf der anderen Seite. Das sind gewaltige Unterschiede, ohne Zweifel. Wenn wir aber die Menschen auf der einen Seite mit Gott auf der anderen Seite vergleichen, dann relativieren sich diese Unterschiede. Denn Sein Wesen ist so viel gütiger, barmherziger, gerechter und heiliger als das Wesen des besten Menschen, dass der Unterschied zwischen Letzterem und einem bösen Menschen nur noch sehr klein erscheint. Deshalb hat auch der beste Mensch, wenn er Gott gegenüber steht, nichts vorzuweisen, womit er Gott beeindrucken könnte. Hiob, der gerechteste Mensch auf Erden, musste sagen: 3 Wenn er Lust hat, mit ihm zu streiten, so kann er ihm auf tausend nicht eins antworten Hiob 9, 3. Auch wenn es also beächtliche Unterschiede zwischen den Menschen gibt, so trifft das erschreckende Urteil Gottes doch in der einen oder anderen Weise auf jeden Einzelnen zu. Am Kreuz hat sich gezeigt, dass dies absolut wahr ist. Die Kreuzigung des Herrn Jesus war von daher der deutlichste Beweis für die Bosheit der Menschen.

Vor dem Hintergrund der Bosheit der Menschen strahlte aber zur bestimmten Zeit die Herrlichkeit Gottes nur umso heller: Am Kreuz erbrachte Er den umfassendsten, vollkommensten Beweis dafür, dass Er Güte, Barmherzigkeit, Liebe, aber auch Gerechtigkeit, Heiligkeit und Licht in vollkommener Weise in Sich verkörpert. Schonungslos bewies Er, dass Er jede noch so kleine Sünde sühnt, dass Er kein Auge zudrückt, die Augen nicht vor Schuld verschliesst und jede Sünde der gerechten Strafe zuführt. Gleichzeitig bewies Er, dass Er die Welt so sehr liebt, dass Er bereit ist, den höchsten Preis für die Erlösung und Errettung der Menschen zu bezahlen, Seinen eigenen Sohn hinzugeben und nicht zu schonen, auf dass durch dieses eine Opfer Menschen von Schuld und Sünde frei werden und in Seine Gegenwart gelangen können. So gesehen war der Kreuzestod des Herrn Jesus der Höhepunkt der gesamten Menschheitsgeschichte, und es ist nicht zu wenig gesagt, wenn wir sagen, dass mit dieser Tat alle Probleme der Menschen ein für alle Mal gelöst wurden.

Wieviel mehr gäbe es darüber zu schreiben! Doch nur dies sei dazu noch erwähnt, dass ein Geschenk angenommen werden muss, damit die Schenkung zustande kommt. Im Herrn Jesus hat Gott den Menschen die Hand weit entgegen gestreckt und Erlösung, Errettung und ewiges Leben dargereicht. Wer die Hand aber nicht ergreift und dieses Geschenk nicht annimmt, für den wird der Tod des Herrn Jesus keine Wirkung entfalten. Er wird in seinen Sünden sterben und sich vor dem Herrn im Gericht verantworten müssen. Einem solchen droht die ewige Qual im Feuersee (Offb 20, 15). Seien wir uns der Ernsthaftigkeit dieser Tatsachen bewusst! Gehen wir nicht leichtfertig über das Wort Gottes hinweg!

Die Zeit der Gnade

In der letzten, grössten Prüfung hatte der Mensch bewiesen, dass er hoffnungslos verdorben und verloren ist: Der vollkommensten Offenbarung Gottes war er mit Hass und Mord begegnet. Nachdem dies geschehen war, wie hätte Gott die Menschen noch anderweitig prüfen wollen? Hätte es eine Prüfung geben können, die dieses Resultat umgestossen hätte, etwas, das dieses grosse Verbrechen wieder hätte gut machen können? Es gab nichts und damit auch keine Hoffnung mehr für die Menschen. Jede weitere Prüfung wäre vollkommen sinnlos gewesen. Deshalb prüft Gott die Menschen heute nicht mehr.

Was allgemein für alle Menschen gilt, gilt in besonderer Weise auch für Israel. Israel hatte ebenso bewiesen, dass es keinen Wert auf eine Verbindung mit Gott legt, was umso schwerer wiegt, als die Verantwortung Israels als bevorzugtes Volk grösser war als jene der übrigen Völker. Ja, nachdem der Herr Jesus gekreuzigt worden war, wurde auch Sein erster herausragender Zeuge, Stephanus, aufgrund seines Zeugnisses von den Führern des Volkes ermordet. Daraufhin machte der Herr dem Zeugnis Israels endgültig ein Ende – um ca. 70 n. Chr. wurde Jerusalem von den Römern unter der Führung Titus' zerstört. Israel wurde vollends zerstreut unter die Nationen.

Aus den Israeliten und den übrigen Nationen hat der Herr sich aber ein neues Volk, ein Nicht-Volk 5. Mose 32, 21 berufen, die «ecclesia», die Herausgerufene. Diese Gemeinschaft – die üblichen Begriffe sind «Kirche», «Versammlung» oder «Gemeinde» – umfasst alle jene, die zum lebendigen Glauben an den Herrn Jesus gekommen sind, und zwar weltweit. Volkszugehörigkeit, Rasse, Sprache spielen keine Rolle, entscheidend ist einzig der Glaube an den Herrn Jesus. Deshalb wird diese Gemeinschaft in 5. Mose 32, 21 als Nicht-Volk bezeichnet; im Gegensatz zu Israel ist es kein irdisches Volk (wiewohl es von Seiten der Himmel als Volk gesehen wird: 1. Petr 2, 10). Örtlich gibt es keine Grenzen, die Gemeinschaft ist global. Zeitlich wird sie begrenzt durch Pfingsten und die Entrückung: Erstmals durch den Heiligen Geist in die Gemeinschaft hineingetauft wurden Gläubige an Pfingsten (Apg 2, 4), davor gab es keine Kirche (vgl. 1. Kor 12, 13), und die Gemeinschaft in dieser Form wird mit der Entrückung ein Ende finden, was unten noch dargestellt werden wird.

Wie Volkszugehörigkeit, Rasse, Sprache usw. keine Rolle in Bezug auf die Zugehörigkeit zur Kirche spielen, spielt auch die Zugehörigkeit zu einer menschlichen Organisation keine Rolle. Dies muss in der heutigen Zeit der Verwirrung und Zersplitterung leider besonders betont werden. Wer zum Glauben kommt, wird durch den Heiligen Geist in die Kirche hineingetauft (1. Kor 12, 13). Ob er sich einer Denomination («Benennung», wie z. B. Römisch-Katholische Kirche, Evangelische Landeskirche, FEG, FCG, GVC usw.) anschliesst, ist von Seiten des Herrn ohne Relevanz. Wer keiner Denomination angeschlossen ist, gehört doch zur Kirche (wenn er lebendigen Glauben hat), und wer einer Denomination angeschlossen ist, aber keinen lebendigen Glauben hat, gehört nicht zur Kirche. Das Wort Gottes unterscheidet einzig zwischen Israel, den übrigen Völkern und der – so verstandenen – Kirche (1. Kor 10, 32).

Anders als Israel ist der Kirche in der heutigen Zeit kein irdisches Teil zur Verwaltung anvertraut worden. Es gibt kein Land, das von der Kirche regiert werden müsste oder sollte, und es gibt keinerlei Aufforderung, sich in die irdischen Dinge, die den Nationen gegeben sind (vgl. Lk 21, 24), einzumischen. Die Gläubigen der jetzigen Zeit sind vielmehr in jeglicher Hinsicht aus dieser Welt herausgerufen worden (vgl. Gal 1, 4), und es ist einzig ihr Auftrag, dem Herrn treu nachzufolgen und damit auch Werkzeuge zur Herausrufung weiterer Menschen zu sein.

Mit dem Abschluss der Prüfungen wäre es nun nämlich an der Zeit, dass der Herr die Menschen entsprechend ihrem Wandel richtet – seien es die noch lebenden oder die bereits verstorbenen, die noch nicht gerichtet wurden. Das Ergebnis wäre aber ähnlich verheerend wie zu Zeiten Noahs: Nur eine Handvoll würde das Gericht überleben, während die übrigen durch das Gericht vertilgt würden – wir haben es bereits gesehen. Man darf sich dabei keine Illusionen machen: Das Gericht wird kommen, ganz sicher (2. Petr 3, 4–10). Der Herr hat dieses Gericht aber in Seiner Gnade und Langmut bislang – schon fast zweitausend Jahre lang! – verzögert, und verzögert es noch weiter bis zum bestimmten Zeitpunkt, den ausser Ihm niemand kennt. Damit gibt Er Gelegenheit, dem Gericht zu entgehen, aus diesem System, das insgesamt völlig dem Feuer des Gerichts verfallen ist, herausgenommen zu werden, und zwar durch den lebendigen Glauben an den Herrn Jesus Christus und die Umkehr zu Ihm. Der Auftrag der Kirche ist es, von Gott zu zeugen und ein Werkzeug für die Errettung von noch möglichst vielen Seelen zu sein, bevor das Gericht über die Welt hereinbricht. Nehmen wir diesen unseren Auftrag ernst?

Die Zukunft

Wir haben es bereits gesehen: Der Herr Jesus hat zur bestimmten Zeit die vollkommene Grundlage für die Errettung der Menschen und den Triumph über den Fürst und Gott dieser Welt gelegt. Der Satan ist besiegt, die Zeit der Prüfungen des Menschen ist vorbei, das Gericht steht bevor, wird aber noch hinausgeschoben, damit noch mehr Menschen errettet werden können – denn er ist langmütig gegen euch, da er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Busse kommen 2. Petr 3, 9. Eines Tages aber – den Zeitpunkt kennt allein Gott (es ist auch nicht möglich, ihn zu berechnen oder vorherzusehen) – wird der Herr Jesus wiederkehren. Zuerst wird Er für diese Welt nicht sichtbar wiederkehren, nämlich um die Seinen zu Sich zu holen, als der Morgenstern, der den Anbruch des Tages ankündigt (vgl. 2. Petr 1, 19). Die verstorbenen Gläubigen werden auferstehen (1. Thess 4, 16) und gemeinsam mit den lebenden Gläubigen dem Herrn in die Luft dem Herrn entgegen entrückt werden (1. Thess 4, 17). Der Herr und die Seinen treffen sich also in der Mitte, in der Luft. Die Entrückung ist dabei eine Verwandlung, der Übergang vom irdischen Leib zum himmlischen, wie dies in 1. Kor 15, 35–53 beschrieben wird. Danach wird der Herr Jesus die Seinen in das Vaterhaus bringen (vgl. Joh 14, 1–3). Für die Gläubigen bedeutet dies die Erfüllung ihrer Hoffnung, der Übergang vom Wandel im Glauben zum Wandel im Schauen.

Für die Ungläubigen bedeutet dies aber Gericht, Leid und Tod. Denn dann wird der, der den Mensch der Sünde 2. Thess 2, 3 zurückhält, der Heilige Geist, aus dem Weg 2. Thess 2, 7 sein, und der Satan wird frei wüten können (vgl. 2. Thess 2, 1–12). Über den genauen Ablauf der Ereignisse ab diesem Zeitpunkt sind Informationen in verschiedenen Büchern (z. B. Daniel und Offenbarung) enthalten. Eine auch nur überblicksmässige Darstellung an dieser Stelle würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.

Nach dieser Zeit der Drangsal, die schlimmer sein wird als jede Zeit davor oder danach, wird der Herr Jesus (ein zweites Mal) wiederkommen, und zwar für alle sichtbar und in Macht und Herrlichkeit – gemeinsam mit den Seinen. Alle dann noch lebenden Menschen werden sich im Gericht vor Ihm verantworten müssen. Die meisten – alle die, die zuvor nichts von Ihm wissen wollten – werden ein hartes Urteil erhalten: Geht von mir, Verfluchte, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist Mt 25, 41. Ja, das ewige Feuer ist eigentlich nur für den Teufel und die gefallenen Engel bereitet, als ewige Strafe, doch leider wird es auch Menschen geben, die ebenfalls zur Strafe in dieses ewige Feuer geworfen werden. So war das von Beginn weg nicht geplant, aber in Seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit wird der Herr dies so durchführen.

In ähnlicher Weise werden auch die Toten gerichtet werden – auch dort wird es heissen: 15 Und wenn jemand nicht geschrieben gefunden wurde in dem Buch des Lebens, so wurde er in den Feuersee geworfen Offb 20, 15. Wir können nicht annähernd nachvollziehen oder verstehen, was es heisst, eine ewige Strafe verbüssen zu müssen, im ewigen Feuer zu brennen, auf ewig von Gott, von aller Freude und allem Glück, getrennt zu sein, völlig ohne Hoffnung. Weil wir auch kein richtiges Gefühl für Sünde entwickeln können, scheint uns dieses Urteil zudem hart, unangemessen und ungerecht – aber der Herr, der ja will, dass alle davor bewahrt bleiben, handelt völlig angemessen und gerecht, wenn Er diese Strafe ausspricht und vollzieht. Es bleibt uns in der jetzigen Zeit nichts anderes, als dies im Glauben anzunehmen.

Der ewige Zustand wird indessen nicht unmittelbar nach der (sichtbaren) Wiederkunft des Herrn Jesus anbrechen. Zunächst wird Er auf dieser Erde ein Tausendjähriges Friedensreich aufrichten, mit Israel als Zentrum der Nationen, regiert durch Ihn selbst. Der Satan wird während dieser Zeit in Ketten gebunden sein und niemand zur Sünde verführen können (Sünde wird aber leider dennoch weiterhin gekannt werden); allen Menschen, die in dieser Zeit leben dürfen, wird es sehr gut gehen, sie werden reich gesegnet sein und am eigenen Leib erfahren, was es heisst, wenn eine wirklich gerechte Herrschaft aufgerichtet worden ist (vgl. Offb 20, 1–6; Jes 65, 17–25 u. v. a. m.). Der Herr Jesus wird dann das Königtum empfangen, und zwar auch als Ausfluss Seines Gehorsams gegenüber Gott. Nach diesen tausend Jahren wird der Satan nochmals für eine kurze Zeit losgelassen werden, und es wird ihm – sagt dies nicht bereits alles über unsere Gott durch und durch ungehorsame Natur? – gelingen, die meisten Menschen zu einem Angriff gegen den Herrn Jesus zu versammeln. Die Armee wird von Feuer verzehrt werden, und das oben bereits beschriebene Gericht über die Toten wird gehalten werden (Offb 20, 7–15). Danach wird der ewige Zustand anbrechen, und die Erretteten werden sich für alle Ewigkeit am Herrn Jesus erfreuen, der zur bestimmten Zeit gekommen ist, um Sich selbst für die Menschen hinzugeben.