Jesus Christus ist der Herr! Phil 2, 11

Lehre von Waschungen

Die geistliche Anwendung des Gesetzes

Wenn wir wissen wollen, was gemeint ist, wenn im Brief an die Hebräer die Rede von der Lehre von Waschungen ist, dann müssen wir das Gesetz an Israel zu Rate ziehen. Denn es war der vom Gesetz verordnete Gottesdienst, 10 der allein in Speisen und Getränken und verschiedenen Waschungen besteht, in Satzungen des Fleisches, auferlegt bis zur Zeit der Zurechtbringung Hebr 9, 10. Nicht die Waschungen bilden aber Teil der Grundelemente des christlichen Glaubens, sondern die Lehre, die dahinter steht. 4 Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben Röm 15, 4. Als Christen sind wir nicht gehalten, die Gebote des Gesetzes zu halten oder als Lebensrichtlinie anzuwenden, sondern vielmehr, die geistlichen Dinge zu erforschen, welche im Gesetz abgebildet sind (Hebr 8, 5). Was aber die Waschungen als Teil des Gesetzes anbelangt, so würde es den Rahmen eines einfachen Artikels bei weitem sprengen, wenn wir jede entsprechende Anordnung für sich alleine untersuchen wollten. Ich werde daher nur auf die Anordnung für die Priesterweihe (2. Mose 29) und die Anordnung im Zusammenhang mit dem ehernen Waschbecken (2. Mose 30) eingehen. Diese beiden Anordnungen sprechen besonders zu uns Christen, und zwar aufgrund der Tatsache, dass sämtliche Christen die Stellung von Priestern innehaben (1. Petr 2, 9; Offb 1, 6).

Die Priesterweihe

Die Priesterweihe umfasste vorerst drei Elemente, die wir näher betrachten wollen: Zuerst wurde ein Opfer dargebracht (2. Mose 29, 3), sodann hatten sich die Priester mit Wasser zu waschen (2. Mose 29, 4) und schliesslich wurden die Priester mit Öl gesalbt (2. Mose 29, 7). Wir finden in dieser Anordnung ein genaues Abbild der Vorgänge, durch welche heute ein Mensch zum Priester, d. h. zu einem Christ, wird: Zuerst musste das Opfer dargebracht werden; ohne Opfer hatte weder die Waschung des Priesters noch die Salbung mit Öl irgendeinen Zweck. 22 Und fast alle Dinge werden mit Blut gereinigt nach dem Gesetz, und ohne Blutvergiessung gibt es keine Vergebung Hebr 9, 22. Es ist das Opfer alleine, welches einen Menschen in die Lage versetzt, Priester zu werden, d. h. in die Gegenwart Gottes zu treten. Im Verlaufe der Menschheitsgeschichte ist von vielen Opfern die Rede, aber nur eines ist das wahrhaftige Opfer, das für alle Zeiten Gültigkeit hat: Das Opfer Christi (Hebr 10, 10). So wichtig das Opfer aber war, so wenig durften Waschung und Salbung unterbleiben; alle drei Dinge zusammen bildeten den Vorgang, durch welchen ein Mensch zu einem Priester Gottes wurde. Die Salbung mit Öl spricht dabei deutlich von der Salbung mit dem Heiligen Geist (1. Joh 2, 20. 27).

Was die Waschung und die Salbung anbelangt, so finden wir die dahinter stehende geistliche Wahrheit in den folgenden Worten des Herrn: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen Joh 3, 5. Nur durch Wasser und Geist und nur aufgrund des zuvor dargebrachten Opfers kann ein Mensch von neuem geboren werden. Anders ist es nicht möglich, ein wahrer Priester Gottes zu werden. Ist die Anordnung über die Priesterweihe in 2. Mose 29 nicht ein wunderschönes Abbild dieses Vorganges? Wie zeigt sie uns doch die Zuverlässigkeit des Wortes Gottes und wie hilft sie uns, all diese Dinge besser zu verstehen! Das Wasser seinerseits ist ein Bild für die reinigende Wirkung des Wortes Gottes auf den Menschen (Jak 1, 18; 1. Petr 1, 23). Wie auch der Christus die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, 26 damit er sie heiligte, sie reinigend durch die Waschung mit Wasser durch das Wort Eph 5, 25. 26. Das Wasser spricht dabei sowohl vom Mittel (dem Wort Gottes) als auch vom Erfolg, vom Sinn und Zweck (der Reinigung des Menschen). Wir sehen dies in den Worten des Herrn an Seine Jünger bestätigt: 3Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe Joh 15, 3.

Die Reinigung beim ehernen Becken

Bevor ein Priester das Zelt der Begegnung betrat, hatte er sich jeweils Hände und Füsse im ehernen Becken zwischen dem goldenen Altar und dem Zelt der Begegnung zu waschen. Weshalb? War etwa die Reinigung anlässlich seiner Weihung zum Priester ungültig oder teilungültig geworden? Stand er vor jedem Eintritt in das Zelt der Begegnung vielleicht im Begriff, seine Priesterstellung zu verlieren? Sicher nicht! Die Waschung anlässlich der Priesterweihe, verbunden mit dem Opfer und der Salbung mit Öl musste nur ein einziges Mal geschehen. Was anlässlich der Priesterweihe geschehen war, war ein für alle Mal Hebr 10, 10 geschehen und musste – ja: durfte! – nicht wiederholt werden. Alles andere wäre eine Verdrehung der Anordnungen Gottes, ein Zerrbild der geistlichen Dinge, gewesen. So hatte sich der Priester auch nicht vollständig zu baden, sondern nur seine Hände und Füsse zu waschen. Beachten wir aber den Ernst der Worte: Der Priester, der sich nicht Hände und Füsse wusch, musste augenblicklich sterben, wenn er das Zelt der Begegnung betrat!

Bevor wir uns nun näher mit dieser regelmässigen Waschung beschäftigen, will ich die schöne Begebenheit in Joh 13 anführen, wo der Herr Seinen Jüngern die Füsse wäscht:

2 Und während des Abendessens, als der Teufel schon dem Judas, Simons Sohn, dem Iskariot, ins Herz gegeben hatte, ihn zu überliefern, 3 steht Jesus, wissend, dass der Vater ihm alles in die Hände gegeben hatte und dass er von Gott ausgegangen war und zu Gott hingehe, 4 von dem Abendessen auf und legt die Oberkleider ab; und er nahm ein leinenes Tuch und umgürtete sich. 5 Dann giesst er Wasser in das Waschbecken und fing an, den Jüngern die Füsse zu waschen und mit dem leinenen Tuch abzutrocknen, mit dem er umgürtet war. 6 Er kommt nun zu Simon Petrus, und der spricht zu ihm: Herr, du wäschst mir die Füsse? 7 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Was ich tue, weisst du jetzt nicht, du wirst es aber nachher verstehen. 8 Petrus spricht zu ihm: Niemals sollst du mir die Füsse waschen! Jesus antwortete ihm: Wenn ich dich nicht wasche, hast du kein Teil mit mir. 9 Simon Petrus spricht zu ihm: Herr, nicht meine Füsse allein, sondern auch die Hände und das Haupt! 10 Jesus spricht zu ihm: Wer gebadet ist, hat nicht nötig, sich zu waschen, ausgenommen die Füsse, sondern ist ganz rein; und ihr seid rein, aber nicht alle. Joh 13, 2–10

Die eigentliche Schönheit dieser Szene wird meiner Ansicht nach nicht unwesentlich durch das Handeln Petri entfaltet: Zuerst will er sich auf keinen Fall von seinem Herrn und Meister die Füsse waschen lassen; zu sehr achtet und respektiert er den Herrn, als dass er wollte, dass Er ihm diene. Auf das Wort des Herrn hin (Wenn ich dich nicht wasche, hast du kein Teil mit mir) ist er sofort bereit, seine Meinung vollständig zu ändern. Nun will er nicht nur, dass der Herr ihm die Füsse wäscht, sondern fordert Ihn auf, gleich auch noch Hände und Haupt zu waschen! Wenn die Waschung der Füsse ihn näher zum Herrn bringen kann, so denkt er offensichtlich, dann wird die Waschung von Händen, Haupt und Füssen ihn noch näher zum Herrn bringen. So sehr liebt er den Herrn! Ich bin jedes Mal neu beeindruckt.

In den Worten des Herrn selbst finden wir aber eine eindrückliche Bestätigung der Lehre von Waschungen in den Anordnungen bezüglich der Priester, die wir oben betrachtet haben: Die grundlegende Waschung hatte nur ein einziges Mal zu erfolgen; die Waschung der Füsse, also nur eines Teils des Körpers, hatte jedoch regelmässig zu erfolgen, damit die Jünger des Herrn Teil mit Ihm haben konnten; so ordnete Er die regelmässige Fusswaschung ausdrücklich an, indem Er den Jüngern gebot, sich fortan gegenseitig die Füsse zu waschen.

Die regelmässigen Waschungen haben weniger grundlegenden Charakter als die einmalige Waschung: Sie erfolgen regelmässig und betreffen nur einen Teil des Körpers. Dennoch geht es in beiden Arten von Waschungen um dasselbe: Die Reinigung des Menschen durch das Wort Gottes. Als Christen sind wir zwar nicht mehr von der Welt (Joh 17, 14) und bedürfen daher keiner grundlegenden Waschung mehr; wir sind aber immer noch in der Welt (Joh 17, 15) und durchschreiten sie gleichsam als Pilgrim (1. Petr 1, 17). Dabei lässt es sich nicht vermeiden, dass wir vom Kontakt mit der Welt verunreinigt werden; beim Gehen machen wir uns nunmal die Füsse schmutzig. Diese Verunreinigung, die wir nie vollständig vermeiden können, sollen wir durch gewissenhafte Anwendung des Wortes Gottes reinigen. Das ist es, was mit der regelmässigen Fusswaschung gemeint ist. Beachten wir doch auch, dass wir uns gegenseitig die Füsse waschen sollen; es entspricht nicht den Worten des Herrn, wenn jeder nur sich selbst die Füsse wäscht – regelmässige Gemeinschaft mit Geschwistern im Herrn ist nur schon deswegen unbedingt für jeden Christen geboten!

Aufgrund der ausdrücklichen Anordnung des Herrn steht es nicht im Belieben eines Christen, sich regelmässig die Füsse waschen zu lassen, genausowenig wie es im Belieben eines Priesters stand, sich Hände und Füsse zu waschen, bevor er jeweils das Zelt der Begegnung betrat. Die Nachlässigkeit des Priesters hätte dessen augenblicklichen Tod nach sich gezogen! Gepriesen sei der Herr, das wir nicht mehr unter dem Erzieher sind (Gal 3, 24. 25)! Wir sollten die Gnade des Herrn als Anlass nehmen, Ihm aus freudigem Herzen zu gehorchen. 13 Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Brüder; nur gebraucht nicht die Freiheit zu einem Anlass für das Fleisch, sondern durch die Liebe dient einander Gal 5, 13. Danken wir also Gott für die einmalige Waschung unseres ganzen Leibes, welche nötig war, um uns als Priester in Seine Gegenwart zu führen, und versäumen wir nicht, uns regelmässig gegenseitig die Füsse zu waschen!